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Harald Jöllinger | Café Votiv, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Harald Jöllinger

 

Kaffeehäuser, ich weiss nicht. Genau genommen mag ich keine Kaffeehäuser. Kaffee schon, den mag ich. Jeden Tag einen Kaffee in der Früh. Sonst komm ich gar nicht raus. Aber nur einen. Und nur in der Früh. Mehr nicht. Sonst kann ich nicht schlafen.
Gegen Häuser hab ich auch nichts. Wohn auch in einem Haus. Also nein, in einer Wohnung, aber die ist ja auch in einem Haus. Aber Kaffeehäuser …
In Kaffeehäuser geh ich nur … Also seit ich halt mit dem Schreiben begonnen hab. Weiss nicht warum. Ist ja eine fade Sache, die Schreiberei. Vielleicht liegt’s am Häferl von der Oma. Da ist drauf gestanden: „Jessas na, war des a G’frett, wenn man kan Kaffee net hätt.“ So hat das angefangen mit mir und dem Kaffee. Und so hat das auch angefangen mit mir und dem Dichten. Das wollt ich auch können und so hab ich eben auch was geschrieben. Kann auch sein, dass ich erst später mit der Schreiberei begonnen hab. Wie mir mein Onkel gesagt hat: „ In deinem Kopf da scheppert es, du bist ein Kind ein deppertes.“ Ist jetzt auch schon tot, der Onkel. Aber da hab ich begonnen Gedichte zu schreiben. Mit Reim und so. Dann Limericks. Und kleine Geschichten.
Und was machen die depperten Literaturzeitschriften, denen ich das Zeug geschickt hab? Anstatt dass die sagen: „Das ist ein Schas, das veröffentlichen wir nicht.“, drucken die das ab. Das ist kein Spass. Weil seither bin ich Autor. Und jeder Autor hat ein Kaffeehaus, in dem er schreibt. Keiner schreibt daheim am Schreibtisch. Nein, im Kaffeehaus. Das ist so. Das ist zwar ein Klischee und ich mag keine Klischees. Aber man muss sich ja trotzdem daran halten.
Jetzt sitz ich halt immer wieder sinnlos im Kaffeehaus und schreib was. Aber Feude hab ich keine damit. Mit dem Schreiben nicht, und mit Kaffeehäusern schon gar nicht.


Interview mit dem Autor

Was bedeutet Literatur für dich?
Harald Jöllinger:   Ja, wie man so sagt bei uns. Die Literatur, … Die Literatur. Sie ist mir halt nicht wurscht.

Welche Bedeutung haben Kaffeehäuser für dich?
HJ: Wenig. Von mir aus könnte man alle Kaffeehäuser in Heurigenlokale oder Bierbeiseln verwandeln. Vielleicht, dass man ein Kaffeehaus offen lässt aus nostalgischen Gründen. Damit die japanischen Touristen was zum Besichtigen haben. Und das Café Votiv muss bleiben. Das sind die einzigen, die unsere Schreibrunde nicht vertrieben haben.

Warum hast du das Café Votiv ausgewählt?
HJ: Na eben wegen der Schreibrunde. Einmal im Monat treffen wir uns dort. Höchstes Niveau. Da wären viele gerne dabei. Aber wir nehmen derzeit keine neuen Schreiberlinge (oder Schreiberlinginnen).

Was machst du, wenn du nicht im Kaffeehaus bist?
HJ: Dann sitz ich auf einer Parkbank und schau deppert in die Gegend. Das ist überhaupt am Aussterben. Fressen, saufen, raunzen, granteln können die Wiener noch. Aber nur da hocken und ins Narrenkastel schauen … Das stirbt aus. Weil alle nur noch aufs Handy schauen. Auch im Kaffeehaus. Mehr ins Narrenkastel schauen, das wäre wichtig.

 

BIO

Geboren 1973 in Mödling; lebt in Maria Enzersdorf, schreibt Nonsens, schwarzhumorige Lyrik und Kurzprosa. Teilnehmer der Celler Schule 2007 und Gewinner des Irseer Pegasus 2013. Absolvent der Leondinger Akademie für Literatur 2016. Publikumspreis bei der Nacht der schlechten Texte in Villach 2016. Im Frühjahr 2019 erschien der Erzählband „Marillen und Sauerkraut“ bei Kremayr & Scheriau.