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Renate Aichinger | Café Ansari, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Renate Aichinger, auch in: „Melange der Poesie“ (Kremayr & Scheriau, 2017)

 

natur in vasen
eingefangen stolz

momente in blasen
festgehalten hinter glas

regentropfen an scheiben
klopfen leise

menschen neben bäumen
hetzen lautlos

welt
passiert stumm

du
nicht dabei

eine kurze
caffelattelänge

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Erika Kronabitter | Café Dommayer, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Erika Kronabitter

 

am selben tisch
immer am selben platz
ihr gesicht blickt hinaus
ihre augen nach innen
im laufe der jahre die sitzmulde
tiefer die linien auf der haut
wie die risse in der erde

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Katherina | Liebling, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Barbara Rieger

 

Angesagt, nicht angenehm, sitzt sie im Licht und starrt in dein Dunkel. Sie sieht dich nicht an und durchschaut mit der Weisheit eines alten Mannes dein Spiel. Du willst, so wie alle, nicht nur einen Liebling, sondern etwas: Gewiss, nicht ungefährlich, doch sicher ist, mit ihr ist es möglich zu leiden bevor du stirbst.

 

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Hubert Weinheimer | Zum Roten Bären, Wien

Foto: Alain Barbero  | Text: Hubert Weinheimer, Auszug aus dem Lied „Kronprinz“ von der Band „Das Trojanische Pferd“.

 

Und so lang ich nicht weiß – was die Planken zerbricht
bin ich und bleib ich – ein schwankendes Schiff
Ich grüße und bitte – bedanke mich nicht
Good night folks & good luck!

 


Interview mit dem Autor (zum Album „Dekadenz“)

Was bedeutet „Dekadenz“ für dich? Warum heißt das Album so?
Hubert Weinheimer: Dekadenz ist ein Befund unserer Zeit. Andererseits haben die Menschen zu praktisch jeder Zeit geglaubt, daß es von nun an „bergab“ ginge. Insofern ist schon das Wort selbst fragwürdig. Diese Wortwolke aus Größenwahn, Niedergang und Phantomschmerz stellt den Hintergrund, von dem sich die 11 Lieder abheben.

Wie autobiographisch sind die Texte? Hast du beispielsweise das Gefühl, „über den Dingen zu stehen“?
HW: Diese spezielle Zeile ist ganz bewusst darauf zugeschnitten aus dem Rahmen zu fallen. Ich mache mir hin und wieder einen Spass daraus, mich selbst in ein ungünstiges Licht zu stellen, weil ich das textlich für eine interessante Herausforderung halte und damit außerdem von vorn herein diejenigen vergrault werden, die nur was zum Nörgeln suchen. Das ist also gleichzeitig praktisch und witzig.

Wie setzt du andere Sprachen und Dialekte ein?
HW: Auf dem aktuellen Album sind 3 von 11 Liedern im Dialekt gesungen. Diese Lieder sind alle sehr „unmittelbar“ von der Aussage her und also hat sich der Dialekt angeboten. Wenn ich komplexere Sachverhalte beschreibe, fällt mir das in der „Hochsprache“ leichter, aber im Prinzip sind beide für mich gleichwertig und symbiotisch.
Ich hatte und habe auch immer wieder Versatzstücke aus anderen Sprachen. Während ich die zweite Platte geschrieben habe, habe ich versucht Französisch zu lernen, deshalb gibt es da ein paar Einsprengsel. Englisch bietet sich aus meiner Sicht zur Lautmalerei an oder wenn man ein Zitat verbraten will.

In moderner Lyrik oft verpönt, in der Musik meistens dabei: Was hältst du von Reimen?
HW: Ich habe als Jugendlicher sehr viel Hip Hop gehört, daher ist das Versmaß bei mir oft strenger, als bei den meisten meiner Kollegen. Mehrsilbige Reimketten stellen eine gewisse Herausforderung dar und sind insofern interessant für mich. Aber: Im Vordergrund steht bei mir trotzdem immer der Inhalt. Deshalb auch „Das Trojanische Pferd“.

Also wie viel Hubert Weinheimer steckt im Trojanischen Pferd?
HW: Textlich gesehen ist das Pferd mein Kind – und hat als solches natürlich auch ein gewisses Eigenleben. Oder anders gesagt: Ich streue genug falsche Fährten ein, dass klar sein sollte, dass das nicht 1:1 ich bin.

Musikalisch war und bin ich für das Akkord-Grundgerüst verantwortlich, aber meine Kollegen Rene Mühlberger und David Schweighart haben auf diesem Album die entscheidenden Klangfarben eingespielt.

Und wo liegt der Seerosenteich?
HW: Da gibt es zwei Ebenen. Auf der ganz konkreten Seite ist das für mich die Lobau im Sommer. Da bin ich gern. Davon ausgehend singe ich in dem Lied über Dinge, die mir zum Beispiel dort durch den Kopf gehen. In dem Fall werden ganz unterschiedliche Gedanken zusammengewürfelt, weil ich gern mit Kontrasten arbeite.

Seid ihr mit dem Album zufrieden?
HW: Wir halten das Album bandintern für gelungen und das ist mir das Wichtigste, aber es freut mich natürlich, wenn das auch extern so gesehen wird. Im Moment sieht es danach aus, als wäre das der Fall.

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Sabina Auckenthaler | Café Weimar, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Sabina Auckenthaler

 

Angesichts des aktuellen Scherbenhaufens fragte sie sich, wie mit den Restbeständen umzugehen sei. Gab es irgendwo in ihr einen Stauraum für derartige Altlasten? Oder wäre eine kompromisslose Entsorgung in diesem Falle vorzuziehen? 
Im Grunde war die Beziehung ein einziges Missverständnis: Sie verliebte sich in ihn, weil sie seine falschen Redewendungen für Wortwitz hielt, er war von der goldschimmernden Haarfarbe betört, die nicht ihre echte war.
„Es stimmt einfach nicht, dass man aus Fehlern lernt“, dozierte sie. Sie hatte das dritte Mal in Folge den falschen Mann erwischt, genauso, wie sie seit Jahren zu große Schuhe kaufte, aus denen ihre schmalen Füße herauskippten.

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Astrid | Café Prückel, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Barbara Rieger

 

Ist dies ein Ort, an dem wir leben, atmen, lieben, ein Haus, in dem Emotionen liegen, biegen, brechen Glas, auf dem wir tanzen, lachen, spielen, wo liegt der Raum, zu dem wir uns nicht bewegen und der Grund uns fremd und falsch und lächelnd zu verbiegen, verbissen zitternd weiter kriechen zwischen Menschen, die dagegen demonstrieren, schreien, wüten, weinen und Kranken, die uns mit ihren Worten küssen und zwingen, dass wir bleiben, an einem Ort, an dem wir seit immer leben, spielen, lesen, in einem Haus, in dem wir Gefühl besiegen, hinter Glas, durch das wir kaum nach draußen sehen, wo sie tanzen, küssen, atmen, schreien, wüten, weinen, ist dies, womit wir uns bedienen lassen wollen, ist dies ein Haus, das wir verdienen?

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Simon | Café Goldegg, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Barbara Rieger

 

sitzt
liest
tanzt
schweigt

fährt
lenkt
schläft
schreibt

gehst
unüber-
legt
weit

– du –
unüber-
setzt
bleibt

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Rosi | Café Engländer, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Barbara Rieger

 

So nah so sanft
Wie wahre Medizin
Weniger wirksam
Als weißer Kaffee
So weit so schwer
Wie Möglichkeiten
Roter Heimat hier

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Rica | Café Eiles, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Barbara Rieger

 

Zwischen Tönen bleibt inzwischen keine Zeit zu weinen, zwischen ihm und ihr nur dreizehn Jahre, zwischen ihr und mir fast eine Welt, um die wir gemeinsam weinen, unweit der Universität. Zwischen Zwischentönen bleiben Gefühle, zwischen Kärnten und Karibik liegt die Welt, zwischen leeren Tischen, Stühlen, Gängen bleibt kein Raum zu träumen, doch unweit weht ein Sturm. Zwischen Kärnten und Berlin liegt Wien und inmitten des Cafés unweit der Universität, bleibt kein Mensch mit einer Tasche, in der zwischen Geld und Schlüssel und Papieren ein langes Stück Vergnügen liegt. Nichts fällt aus dem Pelz in Wien, doch weht ein Sturm, unweit bläst der Wind über die Welt und inmitten zwischen all den leeren kalten Räumen gibt er uns das Gefühl, wir sind – fast – in Sicherheit.

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Khaled | Café Europa, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Barbara Rieger

 

Auf diesem Kontinent
Macht ein Koffer
Einen Zombie
Ist ein jeder Gott
Halb von dieser Welt
In der Genie und Wahnsinn
Zusammenfällt
Und aus dem Rahmen
In unser aller Leben
Gegen Essen und Zigaretten
Inspiration uns bringt
Und Klarheit und Vergessen