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Ally Klein | Einer dieser Tage, Berlin

Foto: Alain Barbero | Text: Ally Klein, Auszug aus „Carter“ (Droschl, 2018)

 

Ein Windzug kam auf, fegte ihr das Gesicht frei, änderte seine Richtung und blies wieder einzelne Strähnen hinein. Haarsträhnen wie feine Linien, feine Striche, Streichungen, eine verwirrte sich in ihrem Mund und verlängerte den Zug bis in die Schläfe, den Haaransatz, schwarz wie die Nacht, wurde unsichtbar zur ihr, nur Dunkelheit statt Kopf.

Carter sah hinauf. „Es wird bald regnen.“

Zu Hause machte ich Eier. Carter aß nichts, sie schenkte lachend den mitgenommenen Whisky in die Schalen ein, wir stießen an und kippten ihn gegen alle Regeln wie Kurze. Die spitzen Ränder stachen beim Trinken leicht in die Lippen. Ich kicherte jedes Mal, weil es kitzelte, mir war leicht. Ich erzählte Carter eine lange Geschichte, ohne dass sie auf etwas hinauslief, sie lächelte sich durch sie und schwieg die meiste Zeit.

 


Kurzinterview mit der Autorin

Was bedeutet Literatur für dich?
Ally Klein: Literatur bietet eine Ansicht der Dinge und gibt eine Einsicht in sie, zu der unsere alltägliche Sprache nicht fähig ist. Es entsteht eine sprachlose, sprachunfähige Unmittelbarkeit, eine stumme Erkenntnis, der wir ausgeliefert sind, an die wir anders mit Worten nicht herankommen, die wir anders verbal nicht ausdrücken können. Es scheint ein Widerspruch zu sein, dass wir mit literarischer Sprache etwas errichten, etwas sehen können, was sich der Sprache eigentlich entzieht.

Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
AK: Da denke ich recht praktisch: In Cafés kriegt man im besten Fall guten Kaffee, trifft seine Leute und hat ein gutes Gespräch an einem neutralen Ort. Lesen tue ich da manchmal auch. Aber nie schreiben. Dafür brauche ich absolute Stille, weil ich immer laut vorlesen muss, was ich da fabriziere. Rhythmus und Sprachklang sind für mich das A und O.

Warum hast du das Café „Einer dieser Tage“ in Berlin ausgewählt?
AK: „Einer dieser Tage“ mag ich, weil es ein Nachbarschaftscafé ist, ein Treffpunkt für alle möglichen Leute. Es ist um die Ecke von meiner Wohnung, sie haben guten Kaffee, fantastisches Eis und sehr freundliche Inhaber.

Was machst du, wenn du nicht im Kaffeehaus bist?
AK: Wenn ich nicht im Kaffeehaus sitze, sitze ich auf meinem Fahrrad, das ist die Verlängerung meines Körpers. Ich dachte nicht, dass ich einen Gegenstand so lieben kann. Ich nutze nie öffentlichen Verkehr, aber bin meistens unterwegs. Ich treffe Menschen, lese und bewege mich fort.

 

BIO

Ally Klein, 1984 geboren, studierte Philosophie und Literatur. Sie lebt und arbeitet in Berlin. „Carter“ ist ihre erste literarische Veröffentlichung.