Ana Marwan | Zum Schwarzen Flamingo, Wien
Foto: Alain Barbero | Text: Ana Marwan
Natürlich ist der Name wichtig. Oft riecht die Rose anders, wenn sie schwarzer Flamingo heißt.
Ich vermute, dem echten Flamingo verhilft sein Pinksein sehr zu seiner Beliebtheit bei den Menschen. Denn man ist selten pink. Aber noch seltener ist es, wenn ein Flamingo schwarz ist. Das ist superselten, obwohl Schwarz eine gewöhnliche Tierfarbe ist.
Selten ist es auch, ein cooles Café zu finden, das selten freqentiert wird. Als ich zum ersten Mal im Schwarzen Flamingo war, war es leer. Jetzt ist es buntvoll. Pink, könnte man sagen.
Im Schwarzen Flamingo soll man sich eigentlich nicht abbilden lassen, wenn man ein pinkfarbenes Schaf ist.
Kurzinterview mit der Autorin
Was kann Literatur?
Ana Marwan: Sie überzeugt mich immer wieder, dass die Welt nicht wüst und leer ist, und dass wir alle einen gemeinsamen Kern haben, der einfach nur menschlich ist. Und ein wenig Flamingo.
Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
AM: Cafés flüstern mir ins Ohr: „Alles ist gut“, wenn ich sie betrete. Die Welt bleibt draußen, im Regen oder in der Hitze oder in der Kälte, während wir geborgen sind. Sie kann nur noch durch die Kaffeehauszeitungen zu uns durchdringen. Somit ist sie unwirklich, wie ein aus Papier gefalteter Flamingo. Das einzig Schlimme, das mir passieren kann, ist, dass der Kellner, die Kellnerin meinen Versuch, den Blickkontakt herzustellen, missachtet. Aber auch das muss sein, auch pinke Flamingos scheißen schwarz-weiß.
Wo fühlst du dich zu Hause?
AM: Eigentlich fühle ich mich schnell wo zu Hause. Ich hinterlasse eine Wölbung im Sitz und ein Haar an der Rückenlehne und markiere somit mein Territorium. Ich liebe Hotels und Cafés — meine Welteroberungen.
BIO
Ana Marwan, aufgewachsen in Ljubljana, Studium der vergleichenden Literaturwissenschaft ebenda. Seit 2005 wohnhaft in Wien, schreibt auf Slowenisch und Deutsch. Ihr Romandebüt Der Kreis des Weberknechts erschien bei Otto Müller Verlag in 2019. Für den zweiten Roman Zabubljena (Beletrina, 2021; Deutsche Übersetzung: Verpuppt, 2023) erhielt sie in Slowenien den Kritikerpreis Kritiško sito für das beste Buch des Jahres 2021. Ihre Geschichte Wechselkröte wurde 2022 mit dem Bachmannpreis ausgezeichnet. Seit 2023 Herausgeberin der Zeitschrift Literatur und Kritik.