Anicée Willemin | Brasserie de Montelly, Lausanne

Foto: Alain Barbero | Text: Anicée Willemin | Übersetzung aus dem Französischen: Yla von Dach

 

 


Interview mit der Autorin

Was kann Literatur?
Anicée Willemin: Die Literatur kann alles, die Poesie kann alles. Sie ist der einzige Ort absoluter Freiheit. 

Welche Bedeutung haben Cafés für dich? 
AW: Die Cafés sind ein Katalysator, eine Art teilnehmendes Beobachten, das seinen Namen nicht nennt. Die Cafés sind ein Adjuvans. Manchmal sind sie das Leben selbst. Manchmal sind sie ein poetischer Moment. Manchmal nur ein blasser Abglanz. In jedem Fall laden sie zum Beobachten ein. Ein Beobachten ausserhalb seiner selbst und in sich selbst, wie ein tiefer Singsang, ein schwindelerregender Abstieg, eine nie endende Entropie.

Wo fühlst du dich zu Hause? 
AW: Ich fühle mich an gewissen Orten zu Hause, hauptsächlich aber in mir selbst, meiner grössten Zugangsquelle zur Aussenwelt. Wenn ich mich innerlich gut fühle, werde ich mich auch draussen gut fühlen. Dann fühle ich mich überall gut. Der Ort, an dem ich mich am meisten zu Hause fühle, ist jedoch die Poesie. 

 

BIO

Anicée Willemin ist a-ni-c. Sie ist und wird, was sie gerade wird. Getragen vom dröhnenden Atem des Absoluten hat sie den Blick vor allem auf poetisch-fragmentierte Räume gerichtet und ihre Musik genährt, während diese sie nährte. Sie kommt aus einem kleinen Juradorf und ist eine frische Vierzigerin, die sich durch Feld und Wiesen tollt und tummelt und ohne Unterlass das Leben ausprobiert, desgleichen das Leben des grünenden Schreibens. Ihr erster Gedichtband, Les balcons étaient comme des roses d’eau entêtantes (Die Balkone waren wie betörend duftende Wasserrosen) ist im März 2023 bei den Editions du Griffon in Neuenburg (Schweiz) erschienen.