Celia Walden | Cafe Phillies, London

Foto: Alain Barbero | Text: Celia Walden | Übersetzung aus dem Französischen: Martina Jakobson 

 

Es ist erstaunlich schwierig, in London ein lokales und gemütliches Café zu finden. Mittlerweile gibt es eine Reihe von charakterlosen Kaffeehausketten, aber mein Lokal, das Café Phillies, ist eines jener Orte, wie es sie früher einmal gab, wo „jeder jeden kennt“ und wo du stundenlang bleiben kannst, um zu schreiben oder um in einer Ecke zu lesen, wo du nur ab und zu von Bekannten gegrüßt wirst.
Früher konnte ich nicht an öffentlichen Orten schreiben, aber mittlerweile beruhigen mich die Hintergrundgeräusche, besonders wenn ich an einem Roman schreibe. Mit einem journalistischen Text ist die Sache einfacher, da man nicht bei jedem Satz, den man notiert, mit der eigenen Fantasie konfrontiert wird; geht es indessen um fiktive Texte, scheint es mir lebenswichtig zu sein, sich während des „Prozesses“ nicht zu viele Regeln aufzuerlegen. Diese Regeln können sehr schnell zu Aberglauben (und Spleens) werden, die einen bei jedem Schritt behindern:   „Oh, ich kann   nicht   schreiben,  wenn  mein  Tisch  nicht  nach  Osten / Norden  ausgerichtet
ist …“. Wenn ich jedoch in einem Café wie diesem sitze, wo alle um einen herum entspannt und frei sind, dann kann mich das davon abhalten, über jeden erdenklichen Unsinn nachzudenken – und das macht mich frei zum Schreiben.

 


Interview mit der Autorin

Was kann die Literatur bewirken?
Celia Walden: Es heißt, dass Literatur uns an ferne Orte bringt und uns Dinge erleben lässt, die die meisten von uns zu Lebzeiten nie erleben würden, und ich glaube fest daran, dass uns die Literatur alle fest miteinander verbindet. Dieses Gefühl, wenn wir uns mit einem Gedanken oder einer Erfahrung in einem Buch identifizieren, ist eines der verbindendsten Dinge, die es gibt.

Wie wichtig sind für dich Cafés?
CW: Schriftsteller neigen dazu, viele unerwünschte Stimmen in ihrem Kopf zu haben. Meistens ist das eine Stimme, die einem sagt, dass man nicht gut genug ist und dass man jetzt besser aufgeben sollte. Die angenehmen und freundlichen Stimmen eines Cafés um sich herum zu haben, kann ein Gegenmittel sein. Es kann die widersprüchlichsten Stimmen in deinem eigenen Kopf zum Schweigen bringen.

Wo fühlst du dich zu Hause?
CW: Ich fühle mich am wohlsten an meinem Schreibtisch, mit einer Katze auf meinem Schoß und einer anderen, die in dem Bettchen schläft, das ich ihr hergerichtet habe, nur wenige Zentimeter von meiner Tastatur entfernt: Ich bin aus einem einzigen Grunde da, im Hier und im Jetzt – das hat etwas Beruhigendes für mich.

 

BIO

Celia Walden, geboren und aufgewachsen in Paris, hat in Cambridge französische und italienische Literatur studiert und ist bekannt geworden mit Artikeln über Frauenthemen, Gesundheit und Schönheit. Sie ist Schriftstellerin und Journalistin für den Daily Telegraph und schreibt für Glamour, GQ, Elle, Harper’s Bazaar, Grazia, Stylist, Standpoint, The Spectator und die russische Vogue. Sie tritt in TV-Shows wie The Andrew Neil Show, BBC News, Sky News und auf ITV auf.
Von ihr erschienen „Harm’s Way“ (Bloomsbury Publishing, 2008), „Babysitting George“ (Bloomsbury Publishing, 2011), das für den William Hill Sports Book of the Year Award (2011) nominiert war sowie „Payday“ (Sphere, 2021).
Sie lebt zwischen Los Angeles und London.