René Freund | Café Feichtner, Grünau im Almtal
Foto: Alain Barbero | Text: René Freund
Wir kommen auf die Welt und damit beginnt das Warten. Wir warten zuerst darauf, dass wir abgenabelt werden, dann auf den ersten Schluck Muttermilch, dann darauf, dass wir endlich alleine gehen können. Danach warten wir auf die Schule. Nach zwei Tagen Schule warten wir darauf, dass die Schulzeit endlich und für immer vorbei ist. Zwischenzeitlich warten wir auf den ersten Kuss. Immer warten wir auf schöneres Wetter. Wir warten auf den Zug, auf den Rauchfangkehrer und im Zahnarztwartezimmer. Wir warten hoffnungsfroh auf bessere Zeiten, und wir warten bange auf das Ende der besseren Zeiten. Wir warten auf höheren Lohn, auf die Lottomillion, auf die Pension und auf den Tatort am Sonntag. Wir warten nächtelang, dass der Schlaf kommt. Wir warten auf die Pizza, auf das Bier und letztendlich warten wir auf den Tod. Naja, auf den Tod warten wir vielleicht nicht, aber er erwartet uns.
Kurzinterview mit dem Autor
Was bedeutet Literatur für dich?
René Freund: Ein Lebensmittel!
Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
RF: Der beste Ort, um in Gesellschaft allein zu sein.
Warum hast du das Café Feichtner ausgewählt?
RF: Das ist bei mir ums Eck, die Leute sind nett und der Kaffee ist wunderbar.
Was machst du, wenn du nicht im Café bist?
RF: Tee trinken.
BIO
René Freund wurde am Valentinstag des Jahres 1967 in Wien geboren. Sein Taufpate, der Dramatiker Fritz Hochwälder, gab in der offiziellen Urkunde als seine Konfession „Schriftsteller“ an. Das muss irgendwie auf ihn abgefärbt haben. Er lebt seit 25 Jahren im oberösterreichischen Almtal und schreibt. Eine Übersicht über seine Bücher und Theaterstücke findet ihr auf seiner Webseite: http://www.renefreund.net/