Selim Özdoğan | Café Soleil, Köln
Foto: Alain Barbero | Text: Selim Özdoğan
Da war eine Zeit, da ging es darum, nicht weich zu werden. Die Wut zu bewahren. Keinen Millimeter nachzugeben. Wenn du nachgibst, gewinnen die da draußen. Es gab eine Zeit, da lief Cassandra Complex: I want to grow old and cold and lonely / As long as you don’t win / Win / You didn’t win.
Dann kam die Zeit, in der ging es darum, weich zu werden. Durchlässig. Nachgiebig. Sich allem auszusetzen, was man Leben nennen konnte. Berührt zu werden von jedem Wort und jedem Blick, jeder Hand und jedem Herz. Es gab kein draußen mehr und es gab auch nichts zu gewinnen. Es gab nur noch etwas zu schmecken. Mit allen Sinnen.
Kurzinterview mit dem Autor
Was kann Literatur?
Selim Özdoğan: Literatur kann Räume öffnen und bietet die Möglichkeit zu Kontakt. Kontakt entsteht an den Grenzen, den Grenzen der eigenen Welt.
Außerdem kann Literatur die Musik sein, die wir manchmal Liebe nennen.
Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
SÖ: Mittlerweile schaue ich nach Orten, wo es Kuchen gibt, der den Kindern gut schmeckt.
Ansonsten bieten Cafés die Möglichkeit guten Kaffee zu trinken, zu reden und zu trödeln. Alles wichtige Dinge in meinem Leben.
Wo fühlst du dich zu Hause?
SÖ: Wo die Musik stimmt. Die Musik zwischen den Menschen, die Musik zwischen mir und den anderen Menschen.
BIO
Selim Özdogan, geboren 1971, hat seit seinem Debut 1995 „Es ist so einsam im Sattel, seit das Pferd tot ist“ (Aufbau Taschenbuch) zahlreiche Romane, Erzählungen und Hörbücher veröffentlicht. Dafür gab es Preise und Stipendien. Er trinkt Kaffee, praktiziert Yoga, isst dunkle Schokolade, redet, liest, hört Musik und macht Atemübungen.