Alexandra Turek | Salettl Pavillon, Wien
Foto: Alain Barbero | Text: Alexandra Turek
Das Schiff, das schwankende Schiff (le paquebot)! Während sich die Bäume neigen, zudem schütteln sie sich heute, da erspähe ich am Weg, vorbei war der Sommer, die Schwalben, sie fliegen hoch, einen Handschuh … Oh mon capitaine!
Grün, ein Rundumblick hier oben (herauf, geschwind). Drüben, an der Friedhofs-Pforte schwarzbemäntelt sie stehen. Dein Mantel im Wind, dann erst kam der Regen. Sanft rieselte er aufs Kupferdach. Kalenderabziehbild – und schon spüre ich deinen Kosenamen. Wir spielten Verstecken, es war leicht abzuhauen. (Ein Blick, ein Schritt, schon öffnete sich das Gartentor.) Da saßen wir still in der Laube, unsere Hefte auf dem Schoß. Und wir schwammen im kalten See, weißt du noch? Serenade. Schau. Den kleinen Löffel an den Mund gehalten, diese dumme Geste, wie ein Kind. Und die Alten, ihr silbriges Löffelabschlecken. Und die Steine, nein, die kleinen weißen Kiesel, vorn in den Schuhen. Während wir Frittatensuppe aßen und dabei tanzten – weit oben, an den Rändern der Stadt, an Deck des Schiffs – und die Mannschaft sich nach und nach einfand zum Bodenschrubben, Segel hoch! Unsre langen Zicke-Zacke-Nachmittage. Nach dem Sturm, der Himmel, ein zerrissenes Bild. Ich ging an Deck, um mir das Spektakel anzusehen: Wasser quoll aus den Luken, noch blitzt es, der Bart des Kaisers, den blauen Abend eingeläutet. Können die Bäume mich noch länger begleiten? Und daraufhin die drängende, leuchtende Kinderfrage: Und dann? Was machen wir dann?
Kurzinterview mit der Autorin
Was bedeutet Literatur für dich?
Alexandra Turek: Zunächst gibt es nicht eine Literatur für mich, sondern viele. Und vielfältige Formen. Manchmal gelingt es für einen kurzen Moment einen Raum mit Sprache zu bewohnen, etwas zu verbinden, zu verknüpfen. Literatur bedeutet auch Erforschen, Entdecken, wie es die Kinder machen. Deshalb mag ich das Konkrete, die kleinen Dinge des Alltags. Die Schönheit der Sprache offenbart sich mir durch den Rhythmus, mir hat immer schon eine Literatur zugesagt, deren Sprache melodisch und intensiv ist, die vibriert, knirscht, Spuren hinterlässt. Die französische Literatur, die ich von klein auf lese und in der ich zunächst schrieb, hat mir gezeigt, wie schön unsere Welt ist. Und dann gibt es noch so wunderbare Dichter wie François Villon oder Charles Baudelaire, sein Blick auf die anderen, die Schwachen, das Alter, hat mich berührt.
Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
AT: Ich gehe ins Café um Freunde zu treffen. Und natürlich trinke ich gerne Kaffee.
Warum hast du das Café Salettl Pavillon ausgewählt?
AT: Mir gefällt die Atmosphäre. Es gibt so Orte wie aus einer anderen Zeit. Rundherum ist viel grün und man hat eine schöne Aussicht auf einen Teil der Stadt. In einem Winkel steht ein schwarzes Piano und darauf spielte jeden Sonntagabend ein Klavierspieler.
Was machst du, wenn du nicht im Café bist?
AT: Aufstehen, arbeiten, essen, schlafen gehen. Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge.
BIO
Alexandra Turek, geboren 1971 in Wien, ist eine österreichische Autorin französischer Herkunft. Studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaft, Politik, Theaterwissenschaft an der Universität Wien. Promotion mit einer Arbeit über Bernard-Marie Koltès. War Assistentin und Dramaturgin am Theater, daneben Theaterstücke. Lehrauftrag am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft (2015/16). Studien- und Arbeitsaufenthalte in Frankreich, u.a. Teilnahme an Transfer-Théâtral, festival d´été la mousson d´été (2016). Hauptpreis der exil-Literaturpreise 2015. Veröffentlichungen von Lyrik und Kurzprosa in Literaturzeitschriften und Anthologien. Letzte Publikation: flugschrift, Nr.32, September 2020. Lebt in Wien.