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Jana Volkmann | Bateau Ivre, Berlin

Foto: Alain Barbero | Text: Jana Volkmann, Auszug aus dem Band „Investitionsruinen“ (Limbus, 2021)

 

Du sitzt neben mir so dicht
dass mein bein Deines nur
berühren kann
es ist der kleinste tisch
dem ein wiener kaffeehaus
je stattgegeben hat
schamhaft drängt er sich
in den winkel zwischen
raum und tür
und entschuldigt sich
für seine maße
und dafür dass wir
auf ihm keinen
kuchen essen können
nur espresso trinken
oder schnaps
mit dem ellenbogen
stößt Du ans fenster
und ich mit meinem
den kellner an
Du merkst nicht
wie Deine zigarette
ein schlupfloch
in den wandteppich schwelt
und ich all meine arme
nach hinten falte
und langsam tänzelnd
die nase zuerst
darin verschwinde

 


Kurzinterview mit der Autorin

 

Was bedeutet Literatur für dich?
Jana Volkmann: Die Literatur ist für mich eine Form der Philosophie mit künstlerischen Mitteln, die Schnittstelle zwischen Sprache, Ästhetik und Idee. Sowohl das Schreiben als auch das Lesen sind für mich wesentliche Erkenntnisinstrumente.

Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
JV: Cafés sind eine tolle Errungenschaft; ich bin richtig neidisch auf Kulturen, in denen sie einen noch höheren Stellenwert haben und ein Epizentrum für allerhand kulturelles und politisches Geschehen sind. Mir gefällt besonders die Kontingenz, der man im Café ausgesetzt ist: nicht zu wissen, wer durch die Tür kommen und welche Zeitung am Nachbarstisch liegen gelassen wird. Und die speziellen, subtilen Verhaltenscodes, die derartigen Unwägbarkeiten Verlässlichkeit entgegensetzen.

Warum hast du das Bateau Ivre ausgewählt?
JV: Im Bateau Ivre habe ich eine sehr liebe Freundin kennengelernt. Es war unsere erste Verabredung, sie saß da mit einem Buch von Nabokov. Nun wohnt sie in Leipzig und ich in Wien, viel ist seither geschehen. Diesen Ort verbinde ich mit ihr und allgemein mit dieser prägenden Zeit. Außerdem gefällt mir hier das Licht besonders gut.

Was machst du, wenn du nicht im Café bist?
JV: Gerade recherchiere ich für meinen nächsten Roman über Tiere und Arbeit; das geht am besten zuhause an meinem Schreibtisch, ich freue mich zudem sehr auf die Öffnung der Bibliotheken. Manchmal mache ich auch Unsinn oder gar nichts. Vor Kurzem hat mir meine Freundin ein Kendama geschenkt, das ich sehr mag – ein japanisches Geschicklichkeitsspielzeug, das Legenden zufolge von Geishas auch als Mordwaffe eingesetzt wurde.

 

BIO

Jana Volkmann, geboren 1983 in Kassel, lebt als Autorin und Journalistin in Wien. Sie ist Redakteurin der Zeitschrift Tagebuch und schreibt Essays sowie Literaturkritik u. a. für den Freitag, neues deutschland und den Standard. Für ihren Roman „Auwald“ (Verbrecher Verlag 2020) erhielt sie den Förderpreis zum Bremer Literaturpreis 2021 und stand auf der ORF-Bestenliste