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Friederike Mayröcker | Café Sperl, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Friederike Mayröcker, auch in: „Melange der Poesie“ (Kremayr & Scheriau, 2017)

 

im Salettl = Café : ich sollte meine Blicke ins frz.Objektiv richten, der Rahmen für das Foto sollte die braune Holztäfelung hinter mir, sein : fragwuürdige Gloriole : also dasz ich thronen sollte
was mir nicht behagte. Ich schaute lieber nach links ins aufgeschlagene NZZ-Journal um mich nicht auszusetzen FRONTAL, also tauchte nach links in die Zeitungsblätter ……. endlich
die blassen Hände auf dem Marmortisch, las dasz Heiner Muüller das Dramolett „Herzstück“ auf ein Fetzchen Papier,gekritzelt hatte, um es hinüberzuschwenken zum Regisseur, usw.,

ach ein Sträuszchen welkender, Mimosen am Nachbartisch, das opus tränenreich,

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Sophie & Barbara Rieger & Cäcilia | Café Sperl, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Barbara Rieger

 

Entgegen der Unvernunft

Wie Leben und Schreiben:
Jede Entscheidung
immer
Verlustgewinn

(Was soll’s!)

 


Interview mit Barbara Rieger

Anna Robinigg: Was inspiriert dich?
Barbara Rieger: Die Menschen; der Irrsinn und die Schönheit, die sie hervorbringen. Die Sprache an sich, die so vielfältig ist wie die Menschen. Farben und Formen.

Sylvie Barbero-Vibet: Wie fühlst du dich als Kaffeehausmodell?
BR: Bei den Fotosessionen mit Alain im Kaffeehaus werde ich zu einer anderen. Die Zeit und mein Herzschlag verlangsamen sich, ich nehme meine Umgebung plötzlich sehr genau war und vermische meine Wahrnehmung mit meiner Fantasie und mit meinen Erinnerungen und Träumen und damit verbundenen Emotionen. Ich fühle mich wie ein Medium, in dem eine der zahlreichen Möglichkeiten des Seins in einem Foto festgehalten sein wird.

Alain Barbero: Vor allem, was erwartest du von einem Kaffeehaus?
BR: Hier trifft auf mich die Beschreibung vom Zweck des Ortes „Kaffeehaus“ vom bekannten Kaffeehausliteraten Alfred Polgar zu: Ins Kaffeehaus gehe ich vor allem, wenn ich alleine sein will und doch in Gesellschaft.
Dazu erwarte ich mir eine perfekte Wiener Melange, sowie die Möglichkeit, dass das Ganze fließend in ein gemütliches Beisammensein mit Freunden und Fremden übergehen kann.

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Barbara & Cäcilia Then & Sophie | Café Sperl, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Cäcilia Then

 

Wie Gold und Käfig:
Stolz ertränkt den Vogel
nach & nach

in Pech

 


Interview mit der Autorin

Welche Bedeutung hat Literatur für dich?
Cäcilia Then: Das Schreiben war für mich schon immer eine Möglichkeit, Ruhe und Kraft zu tanken. Ein Ort, an den ich mich zurückziehen kann, wenn ich unsichtbar sein will. Dann lehne ich mich zurück und alles ist im Fluss.
Literatur ist ungebunden und großzügig. Sie schenkt mir Erkenntnisse und neue Akzente und lässt mich auch mal mich selbst verlieren. Sie bereichert meine Zeit, anstatt sie mir zu stehlen. Mit ihr bin ich wie ich bin.

Welche Bedeutung hat “Kaffeehaus” für dich?
CT: Ich liebe es stundenlang in den charmant vergilbten Kaffeehäusern zu sitzen, dabei einer guten Tasse Kaffee oder einer heißen Schokolade mit Schlagobers zu frönen und ich freue mich wie ein Kind, über das Samt der Bänke zu streichen und dem Knarren der Holzdielen zu lauschen. Ob in Gesellschaft oder alleine.
Kaffeehaus bedeutet für mich Gelassenheit und Lebensfreude, aber auch eine immerwährend mitschwingende Melancholie, die mich zu Neuem antreibt.

Wie bist du im Café Sperl gelandet?
CT: Es war das erste Kaffeehaus, das ich besucht habe, als ich nach Wien gezogen bin. Und es erinnert mich an viele außergewöhnliche Menschen, mit denen ich dort ein Stück Geschichte erleben durfte. Eine Freundin drehte einen Film, der in der Nachkriegszeit spielte. Ich habe sie dabei unterstützt und bin als Statistin im Café Sperl aufgetreten.
Die ganze Aktion und der Haufen an Statisten, die alle um 3 Uhr morgens antanzten, werde ich nie vergessen. Das ist für mich Café Sperl.

Was machst du, wenn du nicht im Café bist?
CT: Ich schreibe, oder filme, oder fotografiere, oder organisiere Kulturveranstaltungen, ab und an vergesse ich die Zeit, was ich furchtbar gerne tue, und löse damit häufig einen Terminkollaps aus. Ich reise gerne, an einen Ort in meiner Phantasie oder in andere Länder. Ich sehe gerne neue Dinge, beobachte leidenschaftlich gerne andere Menschen. Sehe ihnen beim Leben zu und lebe selbst bewusst und in vollen Zügen.

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Cäcilia & Sophie Reyer | Café Sperl, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Sophie Reyer, auch in: „Melange der Poesie“ (Kremayr & Scheriau, 2017)

 

Gemeinsam

Wie Mutter und Kind:
Wind wiegt den Baum
wieder & wieder
ins Blau

(Jemand wird gütig)

 


Interview mit der Autorin

Welche Bedeutung hat Literatur für dich?
Sophie Reyer: Bei mir war das sicher so, dass die Liebe zum Textmaterial immer schon irgendwie da war. Also mich hat Sprache immer fasziniert. Ich weiß noch, ich hab als Kind immer wahnsinnig viel über Worte gelacht. Und ich glaube, das war auch der Grund, warum ich mich dann immer mehr mit Sprache befasst habe.

Welche Bedeutung hat „Kaffeehaus“ für dich?
SR: Kaffeehäuser waren für mich immer wichtig, da ich den Umgang mit Tradition für notwendig und wesentlich halte. Und die Wiener Kaffeehäuser bergen nun einmal eine Menge an literarischen Traditionen, das heißt, für eine Schriftstellerin, die in Wien geboren wurde, ist deren Welt quasi unumgänglich. Außerdem trinke ich sehr gerne Kaffee. Die drei Jahre über, die ich in Köln gelebt habe, habe ich begonnen, die Wiener Kaffeehausatmosphäre und auch den „Grant“ der Kellner sehr zu vermissen.

Warum hast du das Café Sperl gewählt?
SR: Dort treffe ich oft und gern Freunde. Außerdem heißt ein toller Dichter, den ich sehr schätze und auch kenne, Dieter Sperl.

Was machst du, wenn du nicht im Café bist?
SR: Um ehrlich zu sein, bin ich nicht so extrem oft in Kaffees, sodass genug Zeit für andere Projekte bleibt! Ich unterrichte Kreatives Schreiben, bearbeite gerade meine Dissertation zum Thema „Performanz und Biomacht“ und spiele das „Wer- kann- tiefer- unter Buchdeckel- Kriechen“- Spiel mit meiner Schildkröte Sappho.

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Anna | Café Sperl, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Barbara Rieger

 

Im Stammcafé der Stars arbeitet sie die ganze Nacht als Statistin eines Films, der ihren Ansprüchen nicht genügt. Beim Frühstück am Morgen ist sie unversehrt wie ein Geschenk, welches zu wertvoll um es zu öffnen im Sonnenlicht zu verbrennen droht. A. betrachtet sie vorsichtig und ahnt, dass sie in einem anderen Film die Hauptrolle spielt.

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Anna | Café Sperl, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Barbara Rieger

 

Er blickt durch sie wie durch kristallines Glas und wartet auf den Moment, in dem das Licht das Fieber durchbricht. Darauf, dass der Augenblick, den ihr Lächeln währt, nicht sogleich in tausend Einzelheiten zerspringt. Sie gibt ihr Bestes, doch er, viel zu langsam, erwischt es nicht. Wie im Spiegelkabinett, in dem es alle Möglichkeiten, Richtungen und Antworten vielfach gibt. Auch mit Samthandschuhen traut er sich nicht. Erst am Ende spielt sie mit ihren Haaren und er kommt nicht umhin sich zu fragen, ob er nicht viel zu vorsichtig war.