Elke Steiner | Brixton House, Bratislava

Foto: Alain Barbero | Text: Elke Steiner

 

Drüben

Der Geometrie entkommen. Der Vorstellung, eine Gerade sei die einfache Lösung einer Berechnung wie Kalkulieren von Balken. Angsteinflößende Balken als Maß aller Dinge und denken wir kurz an den Unterschied. Wie das so ist, wenn man sich eingeengt fühlt von Begrenzungen, Schranken oder zwei Kindheiten später einfach ein Ticket lösen und sagen: Bratislava, ahoi!
Neue Linien finden heißt freihändig zeichnen, Verbindungen ohne Berechnung, wie schwappende Nachmittage zwischen zwei Städten, schlängelnde Bahnverbindung ohne Schwellen, Kontrollen und wie ein Versprechen von Charme. Eine Reise in eine gemeinsame Vergangenheit, in eine stattliche Schönheit, Barock oder kopfsteingepflasterte Gässchen, später Gedichte.
Trennlinien ziehen wie Zäune, wie zumachen, gewaltsam verteidigen und eine Sprache der Spaltung sprechen oder: Andere Positionen bestimmen. Linienliebe, wie Bahnlinienliebe, geradezu eine Zuganbetung und dann aus allen Richtungen kommen. Wir trinken Tee mit Lavendel und Honig.
Der Geometrie entkommen. Der Vorstellung, in einer Ecke (Drei! Länder! Ecke!) wäre es eng. Sie sei dunkel und kantig, sei ein begrenzter Raum, bei jeglicher Annäherung sei allerhöchste Vorsicht geboten und denken wir kurz an den Unterschied. Wie das so ist, wenn man sich eingeengt fühlt oder zwei Kindheiten später den Himmel kopieren, er hat keine Balken.

 


Interview mit der Autorin

Was kann Literatur?
Elke Steiner: Literatur wirkt auf mich stärkend in allen Belangen. Sie ist ein Trainingslager für meinen Geist, ein Bootcamp und manchmal ein Spa. 

Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
ES: Es gibt keinen Aufenthalt in einer Stadt ohne Kaffeehausbesuch. Ich entdecke gerne neue Kaffeehäuser, aber ich liebe auch die alteingesessenen Wiener Kaffeehäuser, die murmelnde und klappernde Geräuschkulisse, die Mehlspeisen. Ich reserviere mir oft ein bis zwei Stunden, um an einem Text zu schreiben, das funktioniert ganz gut, vorausgesetzt, es steht eine große Schnitte – im Idealfall mit viel Zuckerschaum – und ein Verlängerter vor mir. Innerhalb weniger Minuten ist der Teller leer, dann tauche ich ab. 

Wo fühlst du dich zu Hause?
ES: In meinen Texten. Durch eine unsichtbare Tür gehe ich hinein und bewege mich durch die Räume, dort bin ich allein und kann in aller Ruhe Möbel verrücken, träumen oder meine Figuren beobachten.

 

BIO

Elke Steiner lebt und arbeitet als Autorin, Schreibpädagogin und Literaturvermittlerin im Burgenland und in Wien. Sie ist Mitglied der Grazer Autorinnen Autorenversammlung, im Literaturkreis Podium und beim Berufsverband Österreichischer Schreibpädagog:innen. Sie hält Workshops für Kreatives Schreiben für Erwachsene und Kinder.
Zahlreiche Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften, Anthologien und im Hörfunk. Ihre beiden Romane „Über das Licht gedreht“ und „Die Frau im Atelier“ erschienen 2018 und 2021 in der edition keiper. Im Herbst 2024 erscheint der Lyrik-Krimi „hast dein Federkleid gelöscht“ in der edition lex liszt 12.