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Kaśka Bryla | Obenauf Kaffeemanufaktur, Leipzig

Foto: Alain Barbero | Text: Kaśka Bryla, Auszug aus „Die Eistaucher“ (erscheint im März 2022 im Residenz Verlag)

 

Es war ein altes Kaffeehaus, das von Kristalllustern und Tischlämpchen erhellt wurde. Untertags drang durch drei Fensterfronten Sonnenlicht hinein. Vereinzelt hingen an den Wänden Schwarz-Weiß-Fotografien berühmter Schriftstellerinnen, Komponistinnen, auch das Foto einer Dirigentin hatte Iga eines Tages entdeckt. Cremeweiße Wände, pastellgrüne Sofa-Überzüge und ein Parkettboden schufen eine Atmosphäre, die sich für Geschäftsessen, Verabredungen ebenso wie für das Lesen von Zeitungen und Büchern eignete. Letzteres war Igas Hauptbeschäftigung, wenn sie ihre Vormittage hier verbrachte. Die Kellnerinnen und Kellner kannten sie und ließen sie stundenlang bei einem kleinen Espresso einen der beliebten Fenstertische für vier Personen belegen, auf dem sie Mathematikbücher und Notizhefte ausbreitete, um gelegentlich einen Rechengang aufzuschreiben, aber die meiste Zeit aus dem Fenster zu sehen. Niemand fragte sie je, ob sie nicht in der Schule oder an einer Lehrstelle sein sollte.

 


Kurzinterview mit der Autorin

Was bedeutet Literatur für dich?
Kaśka Bryla: Erkenntnis, Genuss, Rückzug, Debatte, Alles.

Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
KB: Cafés sind für mich Orte des Austausches und des Alleinseins gleichsam. Sie begleiten mich seit ich 13 Jahre alt bin. Egal wo ich gelebt habe.

Warum hast du die Obenauf Kaffeemanufaktur ausgewählt?
KB: Weil es ein junges Café ist, an dem etwas ausprobiert wird. So wie für mich auch Leipzig eine Stadt ist, in der stets Ungewöhnliches stattfindet. Weil es dafür Platz gibt.

Was machst du, wenn du nicht im Café bist?
KB: Nichts anderes. Mich austauschen oder allein sein.

 

BIO

Kaśka Bryla in Wien geboren, zwischen Wien und Warschau aufgewachsen. Studium der Volkswirtschaft in Wien, Studium am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig, wo sie 2015 die Literaturzeitschrift und das Autor*innennetzwerk „PS – Politisch Schreiben“ mitbegründete und seitdem Teil der Redaktion ist.
Sie erhielt 2013 das STARTStipendium und 2018 den Exil-Preis für Prosa. 2020 erschien ihr Debütroman „Roter Affe“. 2021 wurde ihr Theaterstück „Das Verkommene Land“ in Leipzig uraufgeführt. Im März 2022 erscheint ihr zweiter Roman „Die Eistaucher“ im Residenz Verlag.