Blog Entropy, Barbara Rieger, Alain Barbero, Sabine Gruber, Café Engländer, Wien

Sabine Gruber | Café Engländer, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Sabine Gruber

 

Glücklicherer August
Millstättersee

                                    für KH zum 5. Todestag

Das Leben ist da, so lange unsere Hände
Sprechen und die Zunge in einem anderen
Mund schweigt. Es ist da, so lange keine
Wörter dazwischengeraten, unsere Fragen
Uns nicht entblößen. Es ist noch immer
Da, wenn es zu nichts führt, außer zu uns,
Wenn wir im anderen wohnen bleiben
Atemlos mit Augen, die verschlossen
Begreifen. Es ist da, wenn du nie mehr
Kommst und nichts mehr weißt, vom feinen
Feuer, von meinem wüsten Wanderleben,
Vom Flug über den See, mit den geretteten
Flügeln. Das Wasser trägt uns, die Barsche
Sammeln deine Bilder an ihrem Leib, und
Was vorher war, bevor etwas entstand,
Das wunde Niemandsland, die Spur im
See, die hinter uns zerrann, ich fühle
Es jeden Tag. Ich kann Dich in der Tiefe
Des Grunds, in jeder Welle wieder hören,
Sehen.

 


Kurzinterview mit der Autorin

Was bedeutet Literatur für dich?
Sabine Gruber: Schreiben ist meine Art zu atmen. Lesen gibt mir das Gefühl, ich könne mit den literarischen Texten der anderen mein eigenes Leben verlängern und intensivieren. Das ist natürlich ein Anachronismus, weil die Zeit bei der Lektüre vergeht.

Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
SG: Die Kaffeehäuser sind für mich vor allem Lese- und Schreiborte, wenn mir zuhause die Decke auf den Kopf fällt.

Warum hast du das Café Engländer ausgewählt?
SG: Das Café Engländer ist eines meiner Stammcafés, es ist nicht weit von meiner Wohnung entfernt, hat eine exzellente Küche, liebenswürdige Kellner, und meistens wird es von interessanten Gästen besucht.

Was machst du, wenn du nicht im Café bist?
SG: Wenn ich nicht im Kaffeehaus bin, träume ich von weit entfernten Kaffeehäusern, zum Beispiel vom Caffè Meletti in Ascoli Piceno, das auf einer mit Arkaden eingefaßten Piazza im Zentrum der Stadt zu finden ist und meiner Ansicht nach zu den schönsten Kaffeehäusern Europas zählt.

BIO

Sabine Gruber, geboren 1963 in Meran, lebt in Wien. Sie schreibt Gedichte, Erzählungen, Romane, Essays. Zuletzt erschienen: „Daldossi oder Das Leben des Augenblicks“ (C.H.Beck, 2016, dtv 2018); „Am Abgrund und im Himmel zuhause“ Gedichte Haymon 2018. Im Februar 2022 erscheint „Am besten lebe ich ausgedacht. Journalgedichte“ als bibliophile Ausgabe ebenfalls beim Haymon-Verlag. www.sabinegruber.at