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Marcelo Lapuente Mahl | Café A, Paris

Foto: Alain Barbero | Text: Marcelo Lapuente Mahl
Übersetzung:  Murillo Cândido de Sousa & Daniela Gerlach

 

Ich schlafe ein

Meine Schläfen pochen
Die schwere Brille nehme ich ab
und lege sie langsam
auf den Tisch

Die kurzsichtigen Augen
formen unscharfe Bilder
Leute erzählen unwichtige Geschichten
über ihre Abenteuer in der Welt

Ungeduldig
trommle ich mit den Fingerspitzen
auf die dunkle Holzplatte
Eins, zwei, drei …
Eins, zwei, drei …
und ich weiß, es ist schon spät

Nur noch eine Tasse Kaffee
und endlich bin ich
eingeschlafen.

(Paris, Nov/Dez 2021)

 

Original (Portugiesisch)


Eu adormeço

Minhas têmporas latejam
Retiro os óculos pesados
e os coloco lentamente
sobre a mesa

Nos olhos míopes
se forjam imagens desfocadas
Pessoas dizendo histórias sem importância
sobre suas aventuras pelo mundo

Impaciente
bato com a ponta dos dedos
no tampo de madeira escura
Um, dois, três…
Um, dois, três…
e sei que já é tarde

Só mais uma xícara de café
e eu finalmente
adormeço.

(Paris, nov/déc 2021)

 


Kurzinterview mit dem Autor

Was bedeutet Literatur für dich?
Marcelo Lapuente Mahl: Auf diese Frage sind mehrere Antworten möglich. Ich mag den Gedanken, dass Literatur die komplexeste Manifestation einer Sprache ist. Im Falle der portugiesischen Sprache haben wir wunderbare Beispiele dafür: Fernando Pessoa, Carlos Drummond de Andrade, João Guimarães Rosa, Jorge Amado, Clarisse Lispector, Mia Couto, Pepetela, José Saramago… Die in Portugiesisch geschaffene Literatur ist eine unendliche Welt, die meine Bewunderung erregt.

Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
MLM: Cafés sind Orte der Zusammenkunft. Ich fühle mich wohl in einem gemütlichen und geselligen Café, wo man über das Leben nachdenken, Pläne für die Zukunft schmieden oder einfach die Zeit verstreichen lassen kann. Für mich repräsentieren Cafés eine der wichtigsten Einrichtungen des modernen urbanen Lebens.

Warum hast du das Café A ausgewählt?
MLM: Das Café A befindet sich in den Räumlichkeiten der Résidence Les Récollets, ein demokratischer Ort, der ausländische Künstler und Forscher in Paris willkommen heißt. Diese pluralistische Bestimmung des Raumes macht das Wesen des Café A aus. Hier kann man mit Journalisten, bildenden Künstlern, Professoren, Fotografen, Schriftstellern, Filmemachern und Musikern diskutieren, um sich über Ideen, Projekte und Visionen auszutauschen. Eine ideale Umgebung, um die Vielfalt der Welt zu beobachten.

Was machst du, wenn du nicht im Café bist?
MLM: Wenn ich nicht mit meinen Freunden zusammen bin, widme ich mich der Lehrtätigkeit und den Verwaltungsangelegenheiten an der Universität. Aber ich habe immer Zeit einen Kaffee auf dem Campus zu nehmen. Ich habe das Glück, in einer Region zu arbeiten, in der ausgezeichneter Kaffee hergestellt wird, und die Liebhaber dieses Getränks, wie ich, profitieren täglich davon.

 

BIO

Marcelo Lapuente Mahl, Brasilianer, ist Geschichtsforscher und Dichter. Er ist Professor an der Bundesuniversität von Uberlândia im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais und unterrichtet Geschichte und Journalismus. Neben der akademischen Arbeit ist er Autor mehrerer Gedichtbände, darunter „Fogo Fátuo – combustão espontânea“ (2020), „Entre Ruínas – imagens de Herculano e Pompeia – uma arqueologia poética“ (2022) sowie „É hora de sentir“, das sich an ein jüngeres Publikum richtet. In Zusammenarbeit mit der Zeitschrift Alterjor entwickelte Marcelo Lapuente Mahl außerdem das Projekt Audiolivropoesia www.usp.br/alterjor/.