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Sophia Fritz | Café Schwesterherz, Köln

Foto: Alain Barbero | Text: Sophia Fritz, Auszug aus „Neue Männer, alte Löcher“

 

Betrunken hat sie mir die fünf häufigsten Gedanken aufgezählt, die sie hat, wenn er in sie eindringt, und ihre Top One ist der Gedanke an den Blumenstrauß auf dem Schreibtisch und wie sie versucht, den Blickkontakt mit der Vase zu halten. Wir haben neue Wörter dafür erfunden.
Wir sagen Würstelbox, wir sagen Freigetränk, wir sagen Schlupfwinkel, wir sagen Fingerfood, wir sagen Aschenbecher, wir sagen Comfort Zone, wir sagen Sommerloch, wir sagen Weinkeller.
Wenn sie von ihrem Freund erzählt, dann nur, dass sie nicht wirklich miteinander kommunizieren, dass sie nur tröpfeln, dass sie sich nur manchmal in einander kippen, dass sie sich ab und zu mischen und das dann Einheit nennen.
Sie sagt, dass sie ihm in den letzten sieben Jahren für alle Entscheidungen die Schuld gegeben hat, dass sie ihn zum Täter und sich zum Opfer gemacht hat und dass es so schwierig ist, aus den Rollen rauszukommen, die kein Rollenspiel mehr sind und dass man eine Beziehung vielleicht beenden sollte, wenn es keine Begegnung auf Augenhöhe mehr geben kann.
Sie sagt, sie hält nicht viel von Vorsätzen, aber dass sie nächstes Jahr mutig genug sein wird, um eine Strichliste für die schwachen Momente anzulegen und sie dann an der Kühlschranktür zu befestigen, und ich möchte ihr die Striche um den Bauchnabel malen, ich möchte sie fragen, ob sie dich ab und zu mit einem EXIT Schild verwechselt oder mit einem Aufenthaltsraum, ob sie manchmal vor den Erfrischungsgetränken steht und an dich denken muss, ob du genau eine Playlist hast oder ob du immer wieder verschiedene anlegst, ob du ein Lied hast, zu dem du immer in jemanden eindringst, ob wir dir manchmal gleichzeitig schreiben, ob ich auch meine Finger an der Innenseite ihrer Oberschenkel, ob ich ihr auch das Kleid hochschieben darf.

 


Kurzinterview mit der Autorin

Was bedeutet Literatur für dich?
Sophia Fritz: Literatur ist für mich Gefühl und Berechnung, und mein bestmöglichster Versuch, die Welt in Ordnung zu finden. Durch Literatur kann man die innere Gefühlswelt zum Freilichtmuseum machen.

Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
SF: Cafés sind für mich wie liebe Nachrichten von Freunden, die nicht auf eine Antwort warten. Orte, die einen gut aushalten können, bestenfalls Orte, in die man absichtslos kommen darf.

Warum hast du das Café Schwesterherz ausgewählt?
SF: Weil ich den Namen so mag, und seine Bedeutung. Weil ich Schwesterlichkeit und Liebe liebe.

Was machst du, wenn du nicht im Café bist?
SF: Ich schreibe an meinem Küchentisch weiter. Ich mache eine gute Bolognese und schaue aus Zugfenstern auf Feldwege.Ich genieße die Schwimmbadschwere nach dem Schwimmen.

 

BIO

Sophia Fritz, geb. 1997 in Tübingen, ist Studentin an der HFF in München, Abteilung Drehbuch. Vor ihrem Studium arbeitete sie ein Jahr lang in einem Waisenhaus in Bolivien und ließ sich anschließend zur Sterbebegleiterin ausbilden. Ihr dritter Roman erscheint im März 2019 im Herder- Verlag. Seit Juni 2019 ist sie unter Vertrag bei der Röll Literaturagentur. Momentan ist sie für die Arbeit an zwei seriellen Unterhaltungsformaten unter Vertrag.

 

 

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Bastian Schneider | Chante Cocotte, Köln

Foto: Alain Barbero | Text: Bastian Schneider

 

Glanzstück

Im Café saß ein Mann. Aus seinem linken Nasenloch ragte ein kleines Haar. Die Haarspitze glänzte in der Sonne. Die Sonne schien durch das Fenster. Am Fenster saß eine junge Frau und biß in ein Schnittlauchbrot. Der Schnittlauch leuchtete grün. Auf ihrem rechten Handgelenk hatte die Frau einen aufgespannten Regenschirm tätowiert. Die Regenschirmspitze zeigte auf den Mann. Der Mann putzte sich die Nase. Das Nasenhaar glänzte.

 


Kurzinterview mit dem Autor 

Was bedeutet Literatur für dich?
Bastian Schneider: Literatur ist für mich Lust an der Sprache, eine große Weltwahrnehmungsmaschine und manchmal auch einfach wunderbar geeignet, sich zu zerstreuen.

Welche Bedeutung haben Kaffeehäuser für dich?
BS: Ich gehe seit über 20 Jahren regelmäßig in Cafés, zum Freunde treffen, Leute beobachten und zum Arbeiten. Kaffeehäuser sind mich eine Art erweitertes Wohn- und Arbeitszimmer.

Warum hast du Chante Cocotte ausgewählt?
BS: Der Kaffee ist gut, die Tische sind super fürs Schreiben, die unverputzten Backsteinwände strahlen Wärme aus und weil das Café nicht so groß ist, hat man dort auch seine Ruhe. Außerdem mag ich die kleine Terrasse im Hinterhof.

Was machst du, wenn du nicht im Kaffeehaus bist?
BS: Dann sehne ich mich danach, im Kaffeehaus zu sein!

 


BIO

Bastian Schneider studierte deutsche und französische Literatur in Marburg und Paris sowie Sprachkunst in Wien. Zuletzt erschienen von ihm die Kurzprosabände „Die Schrift, die Mitte, der Trost“ (2018) und „Paris im Titel“ (2020) im Wiener Sonderzahl Verlag. Er lebt in Köln und Wien.