Maud Ruget | Café Butter, Berlin

Foto: Alain Barbero | Text: Maud Ruget | Übersetzung aus dem Französischen: Daniela Gerlach

 

In einem Café schreiben. Durch das Fenster die Fahrräder, die Straßenbahn,  Spaziergänger mit Kinderwagen oder mit Hund beobachten. Das Zischen der Kaffeemaschine hören und die sanfte Nachmittagsmusik. Den Zitrusdampf eines Oolong-Tees in der Luft riechen. Und doch nur halb da sein, den Geist verzweigt an der Schnittstelle von Gefühl und Wort. Sich an den Tisch der Erinnerung lehnen, dann auf dem Boden einer Tasse die Zukunft betrachten, die am Rande des Möglichen zittert. Andere, noch nicht ganz geborene Welten durchschreiten, die ein Wissen Sie schon? jeden Moment verschlingen kann.

 


Kurzinterview mit der Autorin

Was kann Literatur?
Maud Ruget: Ich war lange misstrauisch gegenüber der Macht, die der Literatur zugeschrieben wird. Ich möchte gerne glauben, dass ein Buch die Welt verändern kann. Ich bezweifle das manchmal. Und ich denke, dass das auch sehr gut so ist. Man muss sich ein bisschen ohnmächtig fühlen, wozu sonst schreiben?

Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
MR: Zum Arbeiten ins Café zu gehen, zwingt mich, aus meiner Höhle rauszukommen. Ich fahre dreißig Minuten mit der Metro, um in meine Lieblingscafés zu gehen, Orte, die gemütlich sind, und vor allem hell, die ich schon bei meiner Ankunft in Berlin markiert habe. Ich mag es, die Leute dort zu beobachten, die Gesichter einiger Stammgäste und Kellner*innen wiederzufinden. Das gibt mir die Illusion von Stabilität in einem Alltag, der eine ständige Baustelle ist. Vielleicht schreibe ich dort nicht so gut, aber Cafés haben den Vorzug, mir den Geist durchzulüften (und Kuchen zu servieren, seien wir ehrlich).

Wo fühlst du dich zu Hause?
MR: In Berlin, wo sonst? Manchmal ermüdet mich die Stadt, aber ich komme hier immer wieder auf das Gefühl zurück, dass ich zu Hause bin.

 

BIO

1990 in Dijon geboren, zog Maud Ruget durch mehrere Kontinente, bevor sie ihren Koffer 2016 in Berlin abstellte. Ihr Schreiben ist interdisziplinär. Ihre Interessengebiete liegen in der „Poetik der Beziehung“, „Öko-Poetik“ und im post-traumatischen Schreiben. Sie ist mit ihrer Novelle Maelstrom Frankreichs Kandidatin in der Kategorie Literatur der Jeux de la Francophonie 2023