Schlagwortarchiv für: Alain Barbero

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Catrin M. Hassa | Café Museum, Wien

Foto: Alain Barbero | Text:  Catrin M. Hassa

 

sapiosexueller ubiquitärer postphilofetischismus

zugerichtete einsamkeit
& der blick der s(‚)ich
in den kleinsten dingen verheddert
benutzt jeden fetzen unseres körpers
[& die somatische intelligenz
der prokrastinationsfreien milchhaut]

(aus dem Band „in der herztaille“, Löcker, Frühjahr 2018)

 


Interview mit der Autorin

Warum schreibst du?
Catrin M. Hassa: Ein gewisser innerer Drang? „Die Literatur ist eine Schaufel, mit der ich mich umgrabe“ (ich weiß jetzt gerade nicht, ob das Peter Bichsel oder Martin Walser war) Natürlich geht’s da nicht – und sollte es m.E. auch nicht!- um ein „Kreisen um den eigenen Bauchnabel“…, aber so ein Leben ohne Schaufel fände ich nicht erstrebenswert! Das ist so ein inneres Sintern: du lebst & erlebst und manches setzt sich in dir ab, bleibt haften & transformiert sich dann…… & kann vielleicht ein bisschen mithelfen, das Image der Lyrik zu entstauben…

Warum gehst du ins Kaffeehaus?
C.M.H: Weil ich‘s als externes Arbeitszimmer brauche. Ich arbeite eigentlich hauptsächlich im Kaffeehaus, hab‘ ich vor kurzem festgestellt. Ich brauche offensichtlich dieses Setting, das einem dieses Mit-Sein erlaubt, im Erleben, gleichsam „angesprungen“ von Verhältnissen oder Auffassungen, von Bildern oder Worten, beeindruckt von Klängen, der Geräuschkulisse, oder Affekten, deren Zurschaustellung in einem öffentlichen Raum, der doch, wie ich finde, eine sehr eigentümliche Doppelheit in sich hält, wenn man bedenkt wie privates dort verhandelt wird. Das Kaffeehaustischchen gibt vor Nische zu sein -oder eben auch Bühne. Und das reizt mich… sehr.

Warum hast du das Café Museum gewählt?
C.M.H: Ich mag Loos. Außerdem mag ich seine Beinamen: „Secessionisten-Tschecherl“ oder „Café Nihilismus“.

Was machst du, wenn du nicht im Kaffeehaus bist?
C.M.H: Hmm, dann verbringe ich Zeit mit lieben Menschen, erweitere an meinem Erfahrungsspektrum herum, bewege mich ‘mal zur Abwechslung ausgiebiger oder fülle meine Schlaf-Akkus gründlichst auf.

Lichtspiel Kino & Kultursalon, Bamberg

„Melange der Poesie“ Film- und Buchpräsentation, Fotoausstellung
mit Alain Barbero & Barbara Rieger und der Regisseurin Cäcilia Then

 

 

© Fotos: Der Kultursalon · Das Rote Sofa – Arnaud Wadoux – AB

 

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Georg Renöckl | Café Z, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Georg Renöckl

 

Das Ende der Nachkriegszeit

Als sie alle weg waren oder tot – die Großzügigen, die Neureichen, die Verschwender –, musste die Dekoration eben angepasst werden. Der Stuck von der plötzlich zu prächtigen Fassade gehämmert, die Decke abgehängt, der weite Raum gekonnt verengt. Rustikal-resopalerne Nachkriegsgemütlichkeit, typisch Wien, von nun an. Immerhin keine Bankfiliale. Und dann plötzlich – nur gut zwanzig Jahre später als man hätte erwarten können – wurde es anders.

Wie immer, wenn gelüftet und entrümpelt wird, jammerten diejenigen, die nicht zwischen Grind und Patina unterscheiden können. Der schöne Mief!

Die anderen essen jetzt Crêpes.

 


Interview mit dem Autor

Warum schreibst du?
Georg Renöckl: Weil ich nicht immer nur lesen kann. Weil mir meine Gedanken sonst irgendwann auf die Nerven gehen. Weil ich das Zeichnen längst aufgegeben habe.

Warum gehst du ins Kaffeehaus?
GR: Ins Kaffeehaus zu gehen bedeutet Zeit zu haben. Ich habe drei Kinder. Will ich ins Kaffeehaus gehen, muss ich daher zuerst das schlechte Gewissen überwinden, dann ist es wie ein Kurzurlaub. Sollte ich einmal versuchen.

Warum hast du das Café Z gewählt?
GR: Das Café Z war eine der schönsten Entdeckungen, als ich für mein Buch „Wien abseits der Pfade“ kreuz und quer durch die Stadt wanderte. Die Crêpes und Kuchen sind fantastisch, Christa Ziegelböck wählt Zutaten und Rezepte sehr bewusst aus und man sieht von der Eingangstür bis zum Wienerberg.

Was machst du, wenn du nicht im Kaffeehaus bist?
GR: Kochen, Gutenachtgeschichten erzählen, vom Kaffeehaus träumen.

 

 

 

Blog Entropy, Barbara Rieger, Alain Barbero, Martin Peichl, Café Dezentral, Kaffeehaus, Wien, Vienne

Martin Peichl | Café Dezentral, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Martin Peichl

 

(misslungene Annährung an ein Motiv)

Eine Stricherl-Liste hineingemalt in Mayröckers Abschiede. 4 Bier. Ein Abend im Dezentral. Du irgendwo im Regen. Auf meiner To-do-Liste steht „Reigen lesen“, gleich darunter „Reigen schreiben“. Da treibt ein Haar von dir in meinem letzten Schluck, aber das bilde ich mir nur ein.

Ich schreibe eine neue Liste über eingebildete und tatsächliche Abschiede, direkt neben die Stricherl-Liste. 4 Bier, 2 Averna Sour. Auf einen Bierdeckel notiere ich (in deiner Handschrift): Es ist Wahnsinn, einen Roman zu schreiben. Ein Abend im Dezentral. Du regnest im Windfang.

 

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Claudia Dabringer | DON Espresso Bar, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Claudia Dabringer

 

Weg von den Sprachen und Farben,
von den Klängen und Durchsagen

Eintauchen
den Löffel in den Kaffee
den Kopfhörer ins Ohr
den Stift ins Papier

Während die anderen auf dem Weg sind
ruhen
rasten
reflektieren

Und dann wieder aufbrechen

Eintauchen
in den Strom
in die Menschen
in die Reise

Hin zu dem, was Leben bedeutet.

 


Interview mit der Autorin

Wozu schreibst du?
Claudia Dabringer: Ich schreibe, damit ich meine Gedanken ableiten kann, ohne in einem ersten Schritt andere Menschen beschweren zu müssen. Ich schreibe aber auch, um Sprache und alles, was damit an Tradition verbunden ist, in dieser Welt zu halten.

Wozu gehst du ins Kaffeehaus?
C.D.: Ich gehe ins Kaffeehaus, um hin und wieder eine Alternative zu Getreidekaffee genießen zu können. Hätte ich “richtigen” Kaffee zuhause, würde ich kein Auge zutun können angesichts der Menge, die ich trinken würde.

Warum hast du das Café Don gewählt?
C.D.: Als Raucherin gehe ich inzwischen beinahe immer der Nase nach. Und dass man im ‘Don’ rauchen und schauen kann, wie das Leben an einem vorbei zieht, mag ich sehr. Während Alain mich fotografiert hat, überlegte ich mir, wie es wäre, wenn Gerard Depardieu vorbeiwabern würde. Ist leider nicht passiert *seufz*

Was machst du, wenn du nicht schreibst und nicht im Kaffeehaus bist?
C.D.: Ich schlafe, esse und kümmere mich um Menschen, die mir lieb und teuer sind.

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Erik Tenzler | Café Anno, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Erik Tenzler, auch in: „Melange der Poesie“ (Kremayr & Scheriau, 2017)

 

Am Strand der fabelhaften Welt der Anämie
bedeckt mit frisch bezogenen Lebensläufen
im Schlund das Strickzeug und die allerletzten Wolken
Gewebeproben, die Gewebe proben wollten
und schlafen mit dem Nicht-für-Immer
schlafen mit der Couch
schlafen mit dem Stream
schlafen mit dem Frauentausch
schlafen mit den Träumata
schlafen mit der Übrigkeit
schlafen mit sich selber
schlafen mit dem Life.
Schlafen.

 


Interview mit dem Autor

Was bedeutet Literatur für dich?
Erik Tenzler: Eine All-inclusive-Dampfschifffahrt zum Mittelpunkt der Erde. Vielleicht.

Welche Bedeutung haben Kaffeehäuser für dich?
ET: Wenn ich Wien besuche und in eines dieser alten Kaffeehäuser gehe, frag ich mich jedes Mal, ob ich mit ein bisschen Glück nicht gerade in einem Sessel sitze, in dem schon jemand gesessen hat, den/die ich sehr bewundere oder verabscheue. Dann stell ich mir vor, was diese Person wohl gesehen und gedacht hat, während sie hier saß. Es ist als würde ich mich in einen anderen Kopf oder eine andere Zeit tricksen.

Was machst du, wenn du nicht im Kaffeehaus bist?
ET: Geld verdienen, Dinge kaufen, am Roman arbeiten, Frühstücken (ich frühstücke gern mehrmals am Tag), Musik, dann wieder Geld verdienen und Dinge kaufen etc.

Wie bist du im Café Anno gelandet?
ET: Ich bin der Empfehlung einer lieben Freundin gefolgt. Sie hat mich genau dorthin geführt, wo ich hin wollte …

Blog Entropy, Barbara Rieger, Alain Barbero, Cäcilia Then, Tanzcafé Jenseits, Marie in mir, Cafés Viennois, Kaffeehaus, Wien, Vienne

Barbara Rieger & Cäcilia | Tanzcafé Jenseits, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Barbara Rieger, Auszug aus „Bis ans Ende Marie“ (Kremayr & Scheriau, 2018)

 

Sie und ich auf der Suche nach dem Ort mit der richtigen Musik, dem Lokal mit der richtigen Stimmung, dem Mann mit dem richtigen Versprechen. Ich muss mich nur umdrehen, schon ist er da. Ich bin überflüssig, doch ich folge ihnen bergauf und bergab, vorbei am Geruch von Gras und Pisse und den Abgasen der Autos, hinein in die nächstbeste Bar. Ob ich die bessere Hälfte sei, fragt mich der Typ und bestellt mir einen doppelten Wodka. Wie man’s nimmt, sage ich. Wir nehmen, was wir kriegen können, sagt Marie.

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Friederike Mayröcker | Café Sperl, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Friederike Mayröcker, auch in: „Melange der Poesie“ (Kremayr & Scheriau, 2017)

 

im Salettl = Café : ich sollte meine Blicke ins frz.Objektiv richten, der Rahmen für das Foto sollte die braune Holztäfelung hinter mir, sein : fragwuürdige Gloriole : also dasz ich thronen sollte
was mir nicht behagte. Ich schaute lieber nach links ins aufgeschlagene NZZ-Journal um mich nicht auszusetzen FRONTAL, also tauchte nach links in die Zeitungsblätter ……. endlich
die blassen Hände auf dem Marmortisch, las dasz Heiner Muüller das Dramolett „Herzstück“ auf ein Fetzchen Papier,gekritzelt hatte, um es hinüberzuschwenken zum Regisseur, usw.,

ach ein Sträuszchen welkender, Mimosen am Nachbartisch, das opus tränenreich,

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Marlen Schachinger | Café Korb, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Marlen Schachinger, auch in: „Melange der Poesie“ (Kremayr & Scheriau, 2017)

 

Der Blick soll schweifen können, bis er sich festhaken mag, und hierfür ist das Wiener Kaffeehaus der ideale Ort. Neben dem großen Schwarzen serviert der Kellner auch seinen augenzwinkernden Grant am Silbertablett, stets begleitet von einem Glas Wasser. Er wird meine Arbeit nicht stören, bis ich ihn, nachdem er angeschlendert gekommen ist, um einen Einspänner bitte, er lässt mir Zeit. Nicht nur dem Kaffee der Fiaker-Kutscher gewährte die Schlagobershaube einst nachhaltige Wärme, sondern auch mir während meiner Arbeit: wahrnehmen, nachdenken, den Menschen auf den Mund schauen, notieren …

 


Interview mit der Autorin

Was bedeutet Literatur für dich?
Marlen Schachinger: Der Fluch der Literatur haust in ihrem Segen.

Welche Bedeutung haben Kaffeehäuser für dich?
MS: Das Café ist mir Ort anregender Ruhe, an dem in meiner Gelassenheit mich umgebende Inspiration anwesend ist.

Was machst du, wenn du nicht im Kaffeehaus bist?
MS: Leben & lieben. Oder um es ein wenig detaillierter zu sagen: schreiben, lesen, nachsinnen, lauschen … Oftmals im Wechsel mit Landarbeit, deren Rhythmus dazu angetan ist, Erzähluniversen ihren Entstehungsraum zu gewähren.

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Barbara Rieger | Podium, Wien

Foto: Alain Barbero 2017 | Text: Barbara Rieger, auch in: „Melange der Poesie“ (Kremayr & Scheriau, 2017)

 

im windfang

bis in auf oft auf
die couch oft wurde
meinem stammgast
leben legen

bis ich musste mich
musste mich ich ich
die couch ich legen
wurde stammgast
in meinem leben

ich in meinem
leben musste mich
bis ich stammgast
auf die couch legen
wurde leben

ich musste mich oft
auf die couch legen
bis ich wurde
in meinem leben
stammgast