Schlagwortarchiv für: Café

Andrea Grill | Mediamatic, Amsterdam

Foto: Alain Barbero | Text: Andrea Grill 

 

Fragebogen

  1. Kennen Sie eine Sehnsucht?
  2. Betrifft Ihre Sehnsucht einen Menschen oder einen Ort?
  3. Wenn ja, wen?
  4. Oder, wohin?
  5. Was würden Sie tun, um Ihre Sehnsucht zu stillen?
  6. Würden Sie sie denn stillen wollen?
  7. Würden Sie dafür den Ort, an dem Sie leben, verlassen? Für immer?
  8. Würden Sie dafür Ihren Geliebten / Lebensgefährten aufgeben?
  9. Ist Ihr Geliebter / Ihre Geliebte Ihre Sehnsucht?
  10. Führt Ihre Sehnsucht Sie wieder und wieder in eine Zeit, als Sie jünger waren?
  11. Ist Ihre Sehnsucht Ihre Mutter?
  12. Wenn nein, ist Ihre Sehnsucht Ihr Vater?
  13. Wen würden Sie in diesem Moment am liebsten bei sich haben?
  14. Ist es ein Mensch?
  15. Würden Sie mit diesem Menschen die Nacht verbringen wollen?
  16. Wieviele Sehnsüchte gibt es, Ihrer Ansicht nach?
  17. Waren Sie schon einmal an einem Ort, an dem alle Sehnsüchte von Ihnen abgefallen sind?

 


Kurzinterview mit der Autorin

Was kann Literatur?
Andrea Grill: Alles. (Und nichts.)

Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
AG: Die italienischen Bars liebe ich seit jeher.
Sie heißen Bar, sind aber um sieben Uhr in der Früh schon offen.
Du kannst jederzeit allein hineingehen.
Oder zu soundsovielt.
Du brauchst dich nicht hinzusetzen.
Der Kaffee ist billig, schmeckt köstlich.
Du zahlst im Stehen an der Kassa.
Alle schnattern unentwegt.
Die Fenster sind hoch.
Die Theke glänzt.
Im Sommer gibt es Eis.

In Wien habe ich früher meine Texte immer in Kaffeehäusern korrigiert. Habe genossen, dass ich bestellte, mir gebracht wurde; ich aber auch stundenlang sitzen bleiben konnte, ohne etwas Neues zu bestellen.

Kaffee ist mein Lieblingsgetränk.

In Amsterdam sind die Terrassen das wichtigste an den Cafés, das Sitzen unter den Weiten des Himmels.

Wo fühlst du dich zu Hause?
AG: Wo meine Füße stehen. Hätte ich früher gesagt. Mittlerweile würde ich sagen: die Sprachen, die ich spreche und verstehe, sind mein Zuhause. Wo ich im Kaffeehaus bestellen kann; und scherzen. Und die Leute mit mir lachen.

 

BIO

Andrea Grill lebt als Dichterin und Schriftstellerin in Wien und Amsterdam, macht Kurzfilme und übersetzt aus mehreren europäischen Sprachen. Sie wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Förderpreis zum Bremer Literaturpreis (2011) und dem Anton-Wildgans-Preis (2021). Der Roman „Cherubino“ war 2019 für den Deutschen Buchpreis nominiert. Ihr Gedichtband „Happy Bastards“ stand auf der Liste der Lyrikempfehlungen der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. www.andreagrill.org

Andras Foldvari | Café Gerbeaud, Budapest

Foto: Alain Barbero | Text: Andras Foldvari | Übersetzung (aus dem Ungarischen): Christian Szabo & Daniela Gerlach

 

Ich war noch keine 21 Jahre alt, als ich eine Stelle in der Tourismusabteilung einer ungarischen Fluggesellschaft fand, welche damals ihren Sitz in einem Wohnblock im Herzen meiner Stadt hatte, ein Gebäude am Vörösmarty-Platz.
Es gab keinen Konferenzraum, also gingen wir, wenn wir ein Meeting abhalten mussten, in das wunderbare Café am Platz, berühmt für seine Kaffeemaschine aus Herend-Porzellan.
Wenn jemand nach mir fragte, sagte man ihm, Andràs wäre im „Konferenzraum“.
Die Zusammenkünfte hier waren viel erfolgreicher, als wenn sie in den grauen Räumen jenes Gebäudes abgehalten worden wären.

 

Original (Ungarisch)

Még 21 éves sem voltam amikor a magyar légitársaság idegenforgalmi osztályán kaptam állást, melynek akkori központja városom szívében egy lakóházból kialakított épületben volt a Vörösmarty téren.
Nem volt kialakított tárgyaló terem, így ha megbeszélést kellett tartani inkább a téren levő csodálatos – herendi porcelán kávéfőző gépéről híres – kávézóba mentünk. 
Ha bárki keresett csak azt mondták András a tárgyalóban van.
Sokkal sikeresebbek is voltak az itt folytatott tárgyalások mintha azokat az épület szürke szobáiban tartottuk volna.

 


Kurzinterview mit dem Autor

Warum Reisen?
Andras Foldvari: Die Reise ist für mich eine Mission!
Sich in den Ländern fremder Kulturen zu bewegen, den Alltag der Leute, die dort leben, kennenzulernen, ist eine erfrischende Erfahrung für mich; hinter die Gardinen schauen, sich den versteckten Schätzen nähern, die sich in einem Museum oder im Regal einer Wohnung befinden.
Ich bin Städter. Ich lege mehr Wert auf die vom Menschen geschaffene Umgebung, auf die schönen Gebäude oder Kultstätten, als auf die Schönheit der Natur. Ob es sich nun um einen tibetischen Steinhügel oder eine monströse afrikanische Kathedrale handelt.
Reisen, das bedeutet immer etwas Neues zu entdecken, das einem wieder Energie für die neuen Erfahrungen schenkt.

Was bedeuten Cafés für dich?
AF: Die Cafés und Teehäuser sind heilige Stätten der urbanen Kultur. Zahlreiche Begebenheiten der ungarischen Geschichte fanden in Cafés statt, und zahlreiche Künstler haben in Cafés Meisterwerke kreiert. Laut einer Legende wurden die Schlüssel des New York Café in Pest von den Stammgästen in die Donau geworfen, damit es für das Schaffen von Meisterwerken immer geöffnet wäre.

Wo fühlst du dich zu Hause?
AF: Ich bin ein bisschen Kosmopolit, vielleicht nicht so an mein Zuhause gebunden wie die meisten Leute.
Ich habe mein erstes Buch auf der Terrasse eines kleinen Bungalows auf den Salomon-Inseln begonnen. Die einzigartige Kulisse der Küste inspirierte meine urbanen Geschichten aus der damaligen Zeit.
Ich machte dann in einem Studio in Malaysia weiter und beendete sie im Schatten der Kathedrale von Málaga.

 

BIO

Andràs Foldvari wurde 1952 geboren. Bereits als Jugendlicher beginnt er zu reisen. Der Sprachliebhaber studiert Tourismus und Marketing, danach arbeitet er für vier verschiedene Fluggesellschaften und Tour Operator, was dazu führt, dass er fast 900 Flughäfen in 205 Städten der Welt besucht.
In seinem ersten Buch vereinigt er 80 seiner besten Reiseberichte, was ein Riesenerfolg in Ungarn wird. Der Verlag muss es fünfmal wiederauflegen. Sein zweites Buch ist weniger erfolgreich, aber noch immer beliebt.
Obwohl seit 2018 in Rente, entdeckt er auch weiterhin neue Orte, wie kürzlich Sainte-Hélène. So sammelt er Material, vielleicht für einen weiteren Band der Trilogie.

Marlene Gölz | Café Vogl, Eferding

Foto: Alain Barbero | Text: Marlene Gölz

 

Manchmal war die morsche, von Flechten überzogene Holzbank unter der Linde von der Dorfjugend besetzt, aber an dem Tag nicht, Karo hatte Glück. Sie stellte die Bank Richtung Nordwesten, strich über die in die Lehne geritzten Buchstaben, setzte sich, drückte die Bierdose auf und hatte für einen kurzen Moment das Gefühl, alles richtig zu machen. „Ich brauch kein Meer“, sagte sie, beim Blick hinunter ins Tal, zu Nobody, der neben ihr saß. Am Horizont schien eine Baumgruppe zu brennen, der Kampf der Sonne gegen ihr Untergehen. Orange Schlieren durchzogen das gleißende Licht und mischten sich mit bläulichen Wolken, die sie meinte wie Zuckerwatte vom Himmel zupfen zu können. Als wollte sie ihre Gedanken prüfen, griff Karo nach einer Wolke und steckte sie in den Mund. Wie Wolken wohl schmecken. In jedem Fall musste man zu den bläulichen greifen, Orange und Gelb würden einem durch die Finger rinnen. Karo schloss die Augen, nur um im nächsten Moment festzustellen, dass sich der Abendhimmel verändert hatte.
Verrückt werden, das wäre nicht schwer, dachte sie. Aber auch, dass das Geheimnis darin läge, so etwas nicht denken zu dürfen, sonst wäre das mit dem Verrücktwerden vorbei ehe es richtig begonnen hat. 

aus: K.

 


Kurzinterview mit der Autorin

Was bedeutet Literatur für dich?
Marlene Gölz: Ich erinnere mich an so etwas wie einen Erweckungsmoment, ich konnte gerade lesen. Christine Nöstlinger: Ein Kind geht die Straße entlang. Es tritt nur auf jeden zweiten Pflasterstein, versucht, nicht die Fugen zu berühren. Das beeindruckte mich. Dass da jemand genauso geht wie ich. Dass da etwas zur Sprache kommt, was DA ist, worüber jedoch sonst nicht gesprochen wird, weil es ja scheinbar nicht wichtig ist. Für mich war es wichtig. Ich habe mich erkannt. Leseerfahrungen in der Intensität passieren selten. Aber wenn, dann ist so ein Buch ein echter Schatz, dann bedeutet Literatur: sich begegnen, sich vergessen, auf Reisen gehen, verstanden werden, zuhause sein.

Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
MG: Heute: sich Zeit nehmen, der Geschwindigkeit entkommen, im Unterwegssein einen Platz finden.

Warum hast du das Café Vogl ausgewählt?
MG: Weil ich hier Stadtschreiberin bin und Eferding ohne das Café Vogl eigentlich nicht denkbar ist.

Was machst du, wenn du nicht im Café bist?
MG: Dann halte ich mich meist an Orten auf, die ich ebenfalls sehr mag: Züge, Natur, mein Zuhause und mein Arbeitsplatz, eine Bibliothek.

 

BIO

*1978 in Linz, arbeitet als Autorin, Lektorin und freiberuflich im StifterHaus Linz; seit 2017 literarische Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien; div. Preise und Stipendien u. a. Marianne.von.Willemer.Frauenliteratur-Preis der Stadt Linz (2017), Literaturpreis Akademie Graz (2018), BMUKK-Startstipendium (2018),  Stadtschreib-Stipendium Eferding (2022);
www.marlenegoelz.com

 

Michèle Pedinielli | Café Librairie Les Parleuses, Nizza

Foto: Alain Barbero | Text: Michèle Pedinielli | Übersetzung aus dem Französischen: Georg Renöckl

 

„Wer Straflosigkeit sät, erntet Zorn“, „Vergewaltiger, wir sehen dich, Opfer, wir glauben dir“. Das sind Beispiele für die Slogans, die Maud und Anouk in ihrem Schaufenster plakatierten, als Innenminister Gérald Darmanin das künftige Kommissariat gleich neben ihrer Buchhandlung besuchte. Die Polizei kam sofort, um die Plakate abzunehmen und die Schaufenster dort abzudecken, wo es nicht möglich war, die innen angeklebten Plakate zu entfernen. Drei Stunden lang war die Buchhandlung Les Parleuses schwarz verhüllt, um den Blick des Ministers nicht zu stören… 
Dieser Grund ist der aktuellste, der mich diesen Ort lieben lässt, an dem ich mich endlich wie zuhause fühle: Bücher, Kaffee und Prosecco, was will man mehr? (Die Rente mit 60, aber das ist eine andere Geschichte). 

 


Kurzinterview mit der Autorin

Was kann Literatur? 
Michèle Pedinielli: Guttun hoffe ich, denn sie kann viel. Sie dringt ins Innerste des Lesers ein: Sie wühlt in den Eingeweiden, kitzelt das Herz, reizt das Hirn und manchmal – höchstes Glück – löst sie ein befreiendes Lachen aus. 

Was bedeuten Cafés für dich?
MP: Riesig. Mir ist das durch Covid bewusst geworden. Ich fühlte mich, als ob ein essenzieller Teil meiner Existenz amputiert worden wäre, der Leute um sich braucht. Leute, die ich nicht kenne, die wie ich bei einem Kaffee oder einem Glas sitzen. Leute, die ich anschaue und denen ich zuhöre. Und die manchmal in einem meiner Bücher wieder auftauchen. 

Wo fühlst du dich zu Hause?
MP: An einer Küste des Mittelmeers, umgeben von Schirmföhren. Das kann in Frankreich sein oder irgendwo sonst an seinem Ufer, solang es nur dieses Meer ist, das ich liebe, und es Oliven zum Apéritif gibt.  

 

BIO

Die im April 1968 geborene Michèle Pedinielli nimmt mit einem Monat an ihrer ersten Demo teil und beendet ihren ersten Roman 48 Jahre später. In der Zwischenzeit das Übliche: mit 18 aus Nizza flüchten, Journalistin in Paris werden, 22 Jahre später zurück nach Hause kommen, sich für ein Leben ohne Chef entscheiden, stempeln gehen, beim Festival Toulouse Polars Sud 2015 einen Preis für ihre Novelle bekommen. Und beschließen, einen Roman zu schreiben, um nicht zu sterben, ohne es versucht zu haben. „Boccanera“ kommt im Februar 2018 im Verlag Editions de l’aube heraus, gefolgt von „Après les chiens“ (2019), „La patience de l’immortelle (2021) und „Sans collier im März“ 2023.

Reinhard Junge | Café Ferdinand, Bochum

Foto: Alain Barbero | Text: Reinhard Junge

 

Meinen ersten Krimi fand Brunhilde noch gut. Ein schreibender Gatte – damit konnte sie richtig angeben. So hatte sie mir beim Start sogar eine ihrer schönsten Metaphern geschenkt.
Als ich ihr stolz das zweite Buch überreichte (extra in rosa Papier gehüllt), warf sie es ungeöffnet in die blaue Tonne. „Aber jetzt lassen wir die alberne Schreiberei, gelt? Oder …“
„Oder was?“
„Du wirst Hausmann. Da kannst du jeden Abend ein Stündchen tippen!“
Prima, dachte ich. Doch: Werch ein Illtum! Vier Mahlzeiten täglich für vier Personen, Taxidienste zu Kita, Grundschule, Kinderarzt und Bioladen, die Wäsche, Fenster- und Flurputzen, die Steuererklärung, die Blumen auf dem Friedhof, Friedenseinsätze am Sandkasten, wo unser Heiko gerne die Nachbarskinder terrorisierte …
Meine Gattin, Lehrerin für Musik und Kunst, blühte indes auf. Endlich Mittagsschlaf! Und zweimal pro Woche mit Freundin Thea ins Café Ferdinand, während ich auch noch Theas Blagen am Hals hatte. Tippen? Abends fiel ich nach fünf Zeilen sitzend ins Koma.
„Schatz“, säuselte Brunhilde eines Mittags, als ich gerade die Bestecke reinigte. „Nächste Woche ist Pfingsten. Fünf freie Tage! Ich fliege mit Thea nach Rom. Jasmina geht zu Opa und Heiko bleibt bei dir. Okay?“
„Wieso kann Heiko nicht ebenfalls zu Opa?“
„Der wird doch auch nicht mit ihm fertig!“
Danke, dachte ich und fragte: „Und mein Exposé?“
„Süßer! Dieser Quatsch kann doch warten!“
Welch ein Zufall, dass da gerade das Fleischmesser lag …

In meinem neuen Quartier kann ich in Ruhe schreiben. Bye, bye Brunhilde heißt das Buch. Und wenn die 12 Jahre um sind, gehe ich auch mal ins Ferdinand.

 


Kurzinterview mit dem Autor

Was kann Literatur?
Reinhard Junge: Alles! Unterhalten, langweilen, bilden, empören, Kriege verherrlichen, zu Revolutionen aufrufen oder zum Völkermord, Regierungen ärgern oder feiern, Unrecht anklagen oder rechtfertigen. Eigentlich kann sie alles. Vorausgesetzt, die Autorinnen und Autoren finden einen Verlag, der bereit ist, ihre Werke auch zu drucken. 

Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
RJ: Ich liebe Cafés. Ein gutes Café ist für mich die goldene Mitte zwischen Restaurants, in denen schon das Lächeln des Kellners 50 € kostet, und einer Säuferkneipe, in der man allem Elend dieser ungerechten Welt begegnet. Für mich können sie Orte der Ruhe, zum Nachdenken, zum Träumen, zum Schreiben und zur Pflege von  Freundschaften sein.  

Wo fühlst du dich zu Hause?
RJ: Überall, wo es viel Sonne, freien Blick auf das blaue Meer, einen weißen Strand und einen guten Kaffee gibt.

 

BIO

* 1946 in Dortmund. 1966 Abitur. Bundeswehr, Studium in Bochum. Nach dem Referendariat 1978 als DKP-Mitglied zunächst  Berufsverbot. Proteste aus dem In- und Ausland (u.a. CGT). 1979-2012 Lehrer an einem Gymnasium. 6 weitere Jahre Deutsch für ausländische Kinder. – 12 Kriminalromane (z. T. mit Leo P. Ard und Christiane Bogenstahl), 4 Dokus über Neonazis. – 3 Kinder, 1 Enkel, kein Haus, kein Hund. Fan aller Teams, die Bayern München besiegen.

Regine Koth Afzelius | Intermezzo Bar, Wien

Foto: Alain Barbero | Text: Regine Koth Afzelius
 

Immer schon beides: gern nachgiebig, gern bestimmt. Gern königliche Pferdediebin, gern pferdestehlende Königin. Gern Kellertheater Pocky Pockberger, gern Burgtheater Ofczarek. Gern Heuriger Hengl-Haselbrunner Trio Lepschi, gern Musikverein Wiener Philharmoniker. Gern Cartoons Martin Perscheid, gern Malerei Franziska Maderthaner. Gern Texte Selma Heaney, Peter Hodina, gern Heimito von Doderer. Gern Helge Schneider, gern Lisa Eckhart.

Gern Katze, gern Hund! Gern Betrachten der Hühner – das gscheckte: grad rennts durchs Gehege im Schnabel den Wurm, erhobenen Hauptes, hinterdrein die anderen, und gleich drauf in umgekehrter Richtung das braune, denselben Wurm in der Reißn, verfolgt von gackerndem Geflatter.

Gern Heumarkt, gern Bar Intermezzo. Visavis voneinander. Ich parke dazwischen. In beiden daheim. Um beide stets bangend: beim einen droht Geldnot, beim anderen Abriss. Im einen weiß man Persönliches, im anderen meinen Cocktailwunsch. Im Heumarkt sitz ich auf dem schwarzen Klebestreifen einer ermüdeten roten Kunstlederbank, verklärt vom Surren der Mehlspeisvitrine und vom geliebten schrägen Brüderpaar, im Intermezzo versinke ich in wohnzimmerlicher Poltrona, verklärt vom internationalen Pathos und dem schönsten Luster der Welt. Erst essen im einen, dann enden im anderen. Amen.

 


Kurzinterview mit der Autorin

Was bedeutet Literatur für dich?
Regine Koth Afzelius: Sprachkunst. Fesseln muss ein Text, überraschen und entführen. Im eigenen Schreiben suche ich nach Ventil und Portal zur Bewältigung von Realität. Will alles loswerden an möglichst viele – aber nicht zu deren Betroffenheit, sondern zur unterhaltsamen Erkenntnis. Wie hochtrabend! So what. Und dafür Lob und Anerkennung. Ha.

Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
RKA: Ich lebe auf dem Land – und pflege Stadtfreundschaften. Dazu bedarf es Cafés als Raum für Austausch. Nur in den beiden vorhin genannten nonchalanten finde ich die Atmosphäre für Gespräche, wie ich sie mag: konzentriert, nährend, intim.

Warum hast du die Bar Intermezzo ausgewählt?
RKA: Dieser Luxushauch!

Was machst du, wenn du nicht im Café bist?
RKA: Aufstehn! Hendl aus dem Stall! Samt Kaffee zurück ins Bett, WhatsAppen mit der Welt. Dann Schreiben am neuen Roman. Nachmittags Entfernen morscher Föhren und Birken mit der Motorsäge. Oder Waldgang. Wenn Gedanken drängen: nochmals schreiben. Zur blauen Stunde Dahinschmelzen im Sofa, als Abspann des Tages schwindender Fernblick hinaus aufs Federvieh, bis es Zeit für den Abendfilm.

 

BIO

Geboren 1962 in Wien. Studierte Architekturen an der Arkitektskolen Aarhus | Dänemark und an der Universität für angewandte Kunst Wien. 1997 Architekturdiplom. Seit 2008 Landleben. Webdesignerin. Bildende Künstlerin. Autorin. Arbeit am vierten Roman.

Franziska Beyer-Lallauret | 1801 – Les Cuisines du Musée, Angers

Foto: Alain Barbero | Text: Franziska Beyer-Lallauret

 

Als ich noch zwischen zwei Städten pendelte, lief ich jeden Morgen vom Bahnhof aus quer durchs Zentrum zur Arbeit. Oft ging ich über den Platz, wo das Gesicht steht. Es ist wohl aus Bronze und wahrscheinlich zweimal höher als ich. Ich könnte ihm meinen Kopf in die Wölbung eines Augenrings legen. An dem Gesicht kann man ablesen, wer es gemacht hat; ich habe es vergessen. Ich müsste extra hingehen um nachzusehen. Dafür habe ich keine Zeit.

Das Gesicht starrt das Kunstmuseum an. Es ist ein altes Gebäude aus weißen Steinen, in das sie eine Treppenflucht eingesetzt haben wie ein Gebiss. Die Stufen sind steil. Erst nehmen sie dir den Atem, dann führen sie zu den Bildern. Eins davon soll von Botticelli stammen, das ist aber nicht sicher. Wenn jemand es berechtigterweise zurückfordert, muss das Museum es abgeben. Es gehört zu den acht Beutekunstwerken hier. Bleibt hängen, will erlöst werden.

Im linken Flügel des Museums hockt das Café mit hellem Gewölbe und Wänden wie Nacht. Es heißt nach einem Jahrhundertbeginn. Die Tische sind aus Holz, jeder ist anders, jedenfalls glaube ich das, und es gefällt mir. Ich hatte immer den Eindruck, dass in diesem Raum was schwebt, es glänzt, wenn das Licht dranscheint: Stäubchen, Luftspiegelung, aus der Lampe gefallene Ariadnefäden … Auch daran erinnere ich mich nicht mehr genau. Mein Heimweg führt jetzt über den Fluss. Ich darf nicht von ihm abkommen.

Wenn Museum und Café um 18 Uhr schließen, schlagen zwei Vorhänge aus Schmiedeeisen hinter den Besuchern zusammen. Das Fluggold wird ausgeschaltet. Es gibt dann nichts mehr zu sehen.

 


Kurzinterview mit der Autorin

Was kann Literatur? 
Franziska Beyer-Lallauret: Sie ist Gegenwelt, Sublimationsraum für ausufernde Gefühle und Rückzugsort, vor allem die Poesie mit ihren unendlich vielen Spielarten und Möglichkeiten. Außerdem ist Lesen immer ein Lernen und damit Horizonterweiterung. Und Literatur lässt sich mit anderen teilen, schafft Verbindungen, fordert zum Dialog heraus. Das versuche ich auch mit meinen Schülerinnen und Schülern am Gymnasium Joachim du Bellay zu leben. Es ist sicher im heutigen Kontext naiv zu glauben, dass das geschriebene Wort die Welt rettet, aber es kann ein Anfang sein.

Was bedeuten Cafés für dich?
FBL: Seit der Geburt meines Sohnes im Jahr 2015 sind sie Sehnsuchtsorte geworden, weil der Alltag so durchgetaktet ist! Sie sind besondere Orte – erstens für Gespräche (und die Erinnerungen daran), zweitens für Beobachtung und Kontemplation. All das kann kreative Prozesse auslösen. Auch gehe ich gerne auf Zeitreise. Café 1801 zum Beispiel befindet sich in einem historischen Gebäude in einem hohen, schlichten Raum, der durch sein Kreuzgewölbe fast wie eine Kapelle wirkt. Es gibt viel Platz zwischen den Tischen, viel Luft. Die Stille hier ist beredt.

Wo fühlst du dich zu Hause?
FBL: Überall, wo mir liebe Menschen sind, in erster Linie. Und dann habe ich ja seit Jahren zwei Heimaten und zwei Sprachen. In den beiden Ländern Deutschland und Frankreich, die für mich eigentlich eins sind, gibt es neben meinem alten und neuen Zuhause an den Flüssen Loire und Mulde noch weitere Fixpunkte. Ich muss zum Beispiel immer wieder in die Bretagne zurückkehren, die mich magisch anzieht, seit ich dort mit 23 Jahren als Sprachassistentin gearbeitet und gelebt habe.

 

BIO

Franziska Beyer-Lallauret, geboren 1977 in Mittweida, studierte in Leipzig Germanistik und Französisch und lebt mit ihrer Familie als Autorin und Deutschlehrerin bei Angers (Westfrankreich). 2015 wurde ihr Gedichtband „Warteschleifen auf Holz“ veröffentlicht, 2022 folgte zweisprachig und von ihr selbst ins Französische übertragen „Falterfragmente / Poussière de papillon“, wieder im dr. ziethen verlag. Zahlreiche Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien; Ulrich-Grasnick-Lyrikpreis 2021, Finalistin beim Lyrikpreis Meran 2022.

Sibylla Vričić Hausmann | Café Grundmann, Leipzig

Foto: Alain Barbero | Text: Sibylla Vričić Hausmann

 

Ich bleibe Fremdkörper. Bedient werden löst Schuldgefühle in mir aus. Alleine im Café sitzen, Hochstaplerinnengefühle. Vielleicht, weil ich vom Dorf bin, als Jugendliche eher im Wald und an der Bushaltestelle herumhing. Als Kind waren Cafés bzw. Kakaos, Kuchen und Eis die Lockmittel, mit denen man mich zu Wanderungen oder anderen sportlichen Aktionen überreden konnte. Beim Skifahren brach sich mein Bruder einmal den Arm. Ich konnte es nicht fassen, dass wir die Piste verließen, ohne dass ich meinen „Chocolat Chaud“ bekommen hatte. Dabei waren doch das An- und Abpellen des Skianzugs, das Laufen in den Skischuhen und Schleppen der Skier, das Fahren mit dem Skilift, das halsbrecherische Bergrunterrutschen und die beißende Kälte schlimmste Zumutungen für mich! Vor einiger Zeit war ich mit meiner Mutter und meinem Stiefvater, der im letzten Jahr gestorben ist, hier, im Café Grundmann. Mein Stiefvater machte sich prinzipiell gut in Cafés. Ich stelle mir vor, dass er sich in ihrer Halböffentlichkeit heimisch fühlte, weil seine Eltern einen Lebensmittelladen besaßen, in dem er als Kind viel Zeit verbrachte. Ins Grundmann passte mein Stiefvater besonders gut. Weil es elegant ist, ein bisschen altmodisch, weil ein Klavier herumsteht und es – den Plakaten nach – hier Jazzkonzerte gibt. Die Fotosession war lang und hat mich natürlich vor den anderen Gästen und den hier arbeitenden Menschen sehr exponiert. Ich weiß nicht, lieber Alain, wie du es geschafft hast, dass ich mich dabei wohl gefühlt habe.

 


Kurzinterview mit der Autorin

Was bedeutet Literatur für dich?
Sibylla Vričić Hausmann: Ein Ort, an dem ich nicht alleine bin – aber doch für mich sein kann. Also vielleicht das, was für andere Cafés sind.

Welche Bedeutung haben Cafés für dich?
SVH: Ich suche sie eher selten auf. Manchmal aber sind sie Orte der Belohnung, der Muße, des besonderen Moments. An einem Sommertag mit meinen Kindern an einem runden kleinen Cafétisch sitzen, Eis essen und mit dem Fuß im Kies knirschen …

Warum hast du das Café Grundmann ausgewählt?
SVH: Es ähnelt einem Wiener Kaffeehaus – Schauplätzen literarischer Kultur, die ich nicht selber kennen gelernt habe, aber interessant und anziehend finde. Vielleicht, ja vielleicht, wird doch noch etwas von ihrem Charme auf mich übergehen und ich werde irgendwann in einem Kaffeehaus neu schreiben und lesen lernen.

Was machst du, wenn du nicht im Café bist?
SVH: Ich koche mir Kaffee. Schreibe an meinem Buch und schreibe Gedichte. Tagebuch. Gutachten. E-Mails. Bewerbe mich. Verfolge die Nachrichten und tausche mich mit Freundinnen aus. Spiele mit meinen Kindern. Versorge uns. Wasche Geschirr ab. Höre Radio. Surfe. Gehe zum Psychologen. Schlafe, schlafe, schlafe. Träume. Ich bereite mich auf die extrovertierteren Phasen des Jahres vor.

 

BIO

Sibylla Vričić Hausmann, geb. 1979 in Wolfsburg. Studium in Münster (WWU) und Berlin (FU), danach Projekte in Berlin, Praktikum am Goethe-Institut in Sarajevo; lebte 2009-2012 in Mostar, Bosnien und Herzegowina, wo sie an einem Theater arbeitete. 2014-2017 Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Sie ist neben dem eigenen Schreiben als Dozentin für Literarisches Schreiben und Lektorin tätig und moderiert bei literarischen Veranstaltungen. Mitbegründerin des Blogs „Other Writers Need to Concentrate“ (zus. mit Katharina Bendixen und David Blum 2020) und der Lesereihe „Zürn“ (zus. mit Özlem Özgül Dündar 2022). Vričić Hausmann erhielt u.a. den Orphil-Debütpreis 2018 (für ihren Lyrikband „3 FALTER“, poetenladen Verlag), ein Aufenthaltsstipendium des Literarischen Colloquiums Berlin 2019 und das Rainer-Malkowski-Stipendium 2022. Im März 2023 wird ihr aktueller Gedichtband „meine Faust“ (kookbooks Verlag) als „Lyrik-Empfehlung 2023“ ausgezeichnet. Sie lebt mit zwei Kindern in Leipzig.

Emanuil A. Vidinski | Mi Casa, Sofia

Foto: Alain Barbero | Text: Emanuil A. Vidinski | Übersetzung des Textes aus dem Bulgarischen: Emanuil A. Vidinski & Daniela Gerlach

 

Neulich, da sah ich meine Hand altern 
es war Herbst, Sonntag, die Sonne schien
Ich sah diese kleinen Vorboten der Stille
die feinen Linien auf der Haut, wie Neugeborene
die ihr Recht auf Leben einfordern
mit dem unerschütterlichen Willen zu wachsen
und sich zu vertiefen
in ihrem Eifer

Ich sah meine Hand altern
und sie tat mir leid
so rührend in ihrer Verletzlichkeit 
und so lautlos
wie sie alles so klaglos erträgt
wovon sie nichts weiß

 

Original (Bulgarisch)

Онзи ден видях ръката си да остарява
беше есен, неделя, слънцето грееше
видях тези малолетни предвестници на тишината
фините бръчици по кожата, като новородени
да заявяват правото си на живот
с непоколебимата воля да растат
и задълбават
в усърдието си

Видях ръката си да остарява
и ми дожаля
такава една трогателно безпомощна
и тиха
да понася безропотно всичко
за което не знае

 

Kurzinterview mit dem Autor

Was kann Literatur?
Emanuil A. Vidinski: Literatur kann fast alles. Die Zeit zum Stehen bringen, Sinn geben, Empathie lehren, sie kann einen Ausweg bieten, Wissen weiter geben, Trost spenden und nicht zuletzt – sie kann Wunden, die nicht bluten, aber weh tun, heilen.

Was bedeuten Cafés für dich?
EAV: Ein schönes Café kann wie ein zu Hause sein. Wenige Orte können das. Deswegen schätze ich gute Cafés sehr. Es muss ruhig sein und viele Fenster haben.

Wo fühlst du dich zu Hause?
EAV: In bestimmten Cafés und in Bibliotheken. In einem Raum voller Bücher habe ich immer das Gefühl nicht verloren zu sein. Es ist das vertraute Gefühl, das man zu Hause hat. Wo Bücher sind, hat man den Eindruck als gäbe es keine Ecken, und sogar wenn man stolpern und fallen sollte, würde man weich aufkommen.

 

BIO

Emanuil A. VIDINSKI (1978) ist ein bulgarischer Schriftsteller, Dichter, Verleger und Musiker. Zu seinen Werken zählen die Erzählbände »Kartografii na biagstvoto« (»Kartografien der Flucht«, 2005) und »Egon i tishinata« (»Egon und die Stille«, 2015) sowie der Roman »Mesta za dishane« (»Orte zum Atmen«, 2008). Als Musiker war Vidinski Sänger und Gitarrist in der von ihm gegründeten »Par Avion Band«. Der bulgarisch-deutsche Lyrikband »Par Avion« wurde von Petya Lund ist Deutsche übersetzt und vom eta Verlag in Berlin herausgegeben (2017).

Ildikó Boldizsár | Kelet Kávézó és Galéria, Budapest

Foto: Alain Barbero | Text: Ildikó Boldizsár | Übersetzung (aus dem Ungarischen): Andrea Zambori

 

Stellen Sie sich vor, es gibt einen Ort in Budapest, wo alles vorhanden ist, was man für ein gemächliches Kaffeetrinken braucht. Ich spreche nicht vom leckeren Kaffee, das ist Grundvoraussetzung. Ich erzähle lieber, was mir dieses Café in den verschiedenen Tageszeiten gibt.
Wenn ich am Morgen hier einkehre, beobachte ich gerne die aufdämmernde Stadt, die huschenden Straßenbahnen und die Vögel, die auf den Bürgersteig fliegen und Krümel picken. Ich wache gerne mit dem Latte auf, der hier vor mich auf den Tisch gestellt wird, weil es nicht bloß ein angenehmes Getränk ist: In ihm steckt nämlich die aktuelle Stimmung des Barista. Aber hier gibt es keine mürrische, lustlose Baristas oder hektische Kellner. Jeder bekommt ein nettes Wort und so kann der Tag gut beginnen. Ich lese meine Aufgaben durch, schreibe ein paar E-Mails, dann beobachte ich wieder die Vögel auf der Straße.

Mittags ist die Stimmung wieder anders: Die Studenten kommen zum Mittagessen an, viele kehren aus den nahegelegenen Ämtern zu einem Grillsandwich oder einem leichten Gemüsegericht ein. Mein Lieblingsessen ist der  Curry mit Austernpilz, aber ich muss zugeben, dass ich nicht wegen des Essens hierherkomme. Ich mag dieses wohltuende Rauschen, die Menschen, die sich über die Gerichte freuen und ich höre mir gerne die freudigen Gespräche und die Gelächter an. Was alles an einem halben Tag passieren kann!

Nachmittags und abends zeigt dieser Ort wieder ein anderes Gesicht. Verliebte, Freunde sitzen an den Tischen, es gibt nie einen freien Platz, ich muss warten, bis ich an der Reihe bin – aber ich warte immer geduldig, weil der Moment kommt, in dem ich mich an meinen Lieblingsplatz in der Ecke setzen kann. Dann kommt das, was der Grund ist, warum ich so gerne hierherkomme: Ich greife nach einem Buch im Bücherregal und nehme eins zu mir. Ja, das ist es! Für mich gehören Kaffee und Buch zusammen. Wenn ich alleine hierherkomme, bin ich auch nicht alleine, weil ich mich mit den Büchern unterhalten kann. Dazu habe ich sehr viele Möglichkeiten, da in diesem Café sich 5-6000 Bände befinden. Diese ändern sich ständig, da die Bücher zum Tausch vorgesehen sind.

Stellen Sie sich vor, es gibt einen Ort in Budapest, in der Bartók-Béla-Straße, er heißt Kelet Café und Galerie, dieser ist mein Lieblingsort.

 

 

Original (Ungarisch)

Képzeljék el, van egy hely Budapesten, ahol minden együtt van, ami egy meghitt kávézáshoz szükséges. A finom kávét meg sem említem, ez alapkövetelmény, inkább arról mesélek, mit ad nekem ez a kávézó a különböző napszakokban. Ha reggel térek be ide, szeretem nézni az ébredező várost, az elsuhanó villamosokat és a járdára röppenő, morzsákat csipegető madarakat. Szeretek azzal a lattéval ébredni, amit itt tesznek elém, mert nem csupán egy kellemes ital: benne van az ízében a barista éppen aktuális hangulata. Márpedig ezen a helyen nincsenek morcos, kedvetlen baristák, kapkodva kiszolgáló pincérek. Mindenkinek jut egy kedves szó, és máris jól indul a nap. Átnézem a teendőimet, megírok néhány e-mailt, aztán újra a madarakat figyelem az utcán.

Délben egészen más a hangulat, ebédre érkeznek az egyetemisták, a közeli hivatalokból is sokan beugranak egy grillszendvicsre vagy valami könnyű zöldséges ételre. Kedvencem a laskagombás curry, de bevallom, hogy nem az étel miatt jövök ide. Szeretem hallgatni ezt a jóleső zsizsgést, szeretem nézni az embereket, ahogy örülnek az ételeknek, és szeretem hallgatni a jókedvű beszélgetéseket és nevetéseket az asztalok között. Nahát, mennyi minden történhet fél nap alatt!

Délután és este megint más arcát mutatja a hely. Szerelmesek, barátok ülnek az asztaloknál, sosincs szabad asztal, várni kell, amíg sorra kerülök – de várok türelmesen, mert eljön az a pillanat, amikor leülhetek kedvenc kis kuckómban, a sarokban. És akkor következik az, amiért a legjobban szeretek idejárni: felnyúlok a könyvespolcra, és leemelek egy könyvet. Igen, ez az! A könyv és a kávé nálam összetartozik. Ha egyedül jövök ide, akkor sem vagyok egyedül, mert beszélgethetek a könyvekkel, amire jó sok lehetőségem van, mert a kávézóban 5-6000 kötet található. Ezek naponta változnak, mert egy cserekönyvért bárki elvihet egy másikat.

Képzeljék, van egy hely Budapesten, a Bartók Béla úton, Kelet Kávézó és Galéria a neve, és ez az én kedvencem.

 


Kurzinterview mit der Autorin

Was kann Literatur?
Ildikó Boldizsár: Als ich ein kleines Mädchen war, konnte ich mich nicht entscheiden, welchen Beruf ich wählen soll. Ich wollte gleichzeitig alles sein: Ornithologin, Kardiologin, Gärtnerin, Entdeckerin, Weltreisende … Es wurde mir schnell klar, dass es unmöglich ist. Deswegen bin ich Schriftstellerin geworden: Weil ich beim Schreiben jeder und alles sein kann. Ich finde, das ist die Rolle der Literatur und ihr Ziel: Den Menschen die unendlichen Möglichkeiten zeigen und sie in solche innere und äußere Landschaften mitnehmen, zu denen sie ohne Bücher nie gelangen könnten.

Was bedeuten Cafés für dich?
IB: In den letzten Jahren war ich sehr oft unterwegs und der erste Weg führt immer in ein Café. Ich setze mich hin und schaue mich aufmerksam um. Man kann sehr viel über eine Stadt und die Bewohner erfahren.

In Cafés kann man Fragen stellen, sich erkundigen, ins Gespräch kommen. In Cafés – egal wo auf der Welt sie sind – rauscht das Leben, die Informationen tauschen sich aus, es passiert immer etwas Interessantes.

Wo fühlst du dich zu Hause?
IB: Als ich noch jünger war, habe ich mich deshalb auf den Weg gemacht, weil ich die Antwort auf diese Frage beantworten wollte. Ich habe die halbe Welt bereist, weil ich gedacht habe, es wird einen Ort geben, wo ich mich endlich zuhause fühle. Ich war sehr enttäuscht, weil es nicht geschehen ist, obwohl ich viele Orte besucht habe, bei denen ich das Gefühl hatte: „Das hier wurde für mich erfunden.“
Mein Weg hat zu wildromantischen Meeresküsten, mediterranen Waldstücken, in den Himmel steigenden Bergen und Hütten am See geführt. Dann ist mir klar geworden , dass ich nach meinem „Zuhause“ umsonst da draußen suche, ich werde es ausschließlich in mir finden. Und genauso ist es passiert. Seitdem fühle ich mich überall zu Hause, egal, wo ich bin.

 

BIO

Ildikó Boldizsár, Schriftstellerin, Märchenforscherin, Märchentherapeutin, Dozentin. Achtundfünfzig Bücher sind von ihr in Bezug auf Märchen erschienen: Sammlungen, Theorien und eigene Märchen.
Sie hat die Metamorphoses Märchentherapie Methode ausgeartet, welche sie sowohl in Ungarn, als auch im Ausland unterrichtet. Sie hat drei Kinder und drei Enkelkinder. Sie lebt in Budapest, wenn sie nicht gerade unterwegs ist. Sie ist eine leidenschaftliche Weltreisende.